Weitgehende Einigkeit herrscht, dass das neue Energie- und Stromversorgungsgesetz unerlässlich sei, um die Energiewende zu beschleunigen und die Versorgungssicherheit mittel- und langfristig zu gewährleisten. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) nahm den Mantelerlass in der Gesamtabstimmung mit 9 zu 2 Stimmen und 2 Enthaltungen an, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.

In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen sei es notwendig, rascher zu handeln und weiterzugehen als ursprünglich vorgeschlagen, so der Tenor. Die Kommissionsmehrheit beschloss, den jährlichen Zielwert für die Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien und aus der Wasserkraft zu erhöhen.

Nationale Interessen im Fokus

Um die ambitionierteren Ziele zu erreichen, will die Urek-S den erneuerbaren Energien einen gewissen Vorrang gegenüber anderen Interessen einräumen. Konkret stellt sie die Stromproduktion über die Umweltstandards: Die gesetzlichen Restwassermengen sollen bei der Erneuerung der wasserrechtlichen Konzession nicht mehr gelten, der Schutz von Biotopen von nationaler Bedeutung, in denen ein Drittel der geschützten Arten lebt, soll aufgehoben werden.

Solaranlagen ab einer Leistung von einem Megawatt sollen zudem auf freien Flächen ausserhalb der Bau- und der Landwirtschaftszone unter bestimmten Bedingungen als standortgebunden gelten. Ebenso soll die Bewilligung von Biomasseanlagen sowie von Windenergieanlagen im Wald erleichtert werden.

Generell beantragt die Kommission, dass das nationale Interesse an der Realisierung von Projekten Vorrang vor allfälligen entgegengesetzten kantonalen, regionalen oder lokalen Interessen haben soll. Dies gälte insbesondere dann, wenn die Schweiz in zwei aufeinanderfolgenden Winterhalbjahren netto mehr als fünf Terawattstunden Strom importiert.

Keine Förderung von AKW-Sanierungen

Weiter sollen nach Ansicht einer Kommissionsmehrheit teilweise fossil befeuerte Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen insbesondere im Winter einen weiteren Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Entsprechend sollen Investitionen in solche Anlagen mit einem Beitrag von sechzig Prozent an die Kosten gefördert werden. Keine Mehrheit in der Kommission fand der Antrag, auch für die Modernisierung bestehender Kernkraftwerke einen Investitionsbeitrag zu leisten.

Die Kommission spricht sich weiter gegen die vom Bundesrat vorgeschlagene vollständige Strommarktöffnung aus. Hingegen möchte die Kommission neu eine Grundlage für lokale Elektrizitätsgemeinschaften schaffen. Diese bieten Endverbrauchern, Erzeugern von Elektrizität aus erneuerbaren Energien sowie Speicherbetreibern die Möglichkeit, sich zusammenzuschliessen und sich unter Inanspruchnahme des Verteilnetzes untereinander frei mit Strom zu versorgen.

Gleichzeitig soll auch Energie gespart werden. Die Kommission erklärte es zum Ziel, spätestens bis 2035 den jährlichen Stromverbrauch durch Effizienzmassnahmen um 2 Terawattstunden zu reduzieren. Sie fordert verschiedene - von den Kantonen umzusetzende - Massnahmen im Gebäudebereich.

Kritik von Umweltschützern

Die Kommissionsmehrheit sabotiere mit den Entscheiden die Energiewende, kritisierten die Grünen in einer Mitteilung. Es brauche ausgewogene Lösungen. Die Schwächung des Naturschutzes und die Subventionierung von Gaskraftwerken seien der falsche Weg. Die Bürgerlichen riskierten mit ihrem Vorgehen ein Referendum und eine Ablehnung durch die Stimmbevölkerung an der Urne, heisst es in der Mitteilung weiter.

Auch die Schweizerische Energiestiftung (SES) ist mit den Entscheiden der Kommission nicht einverstanden. Es sei "sehr stossend, dass die forcierte Energiewende mit einem völlig unnötigen Kahlschlag gegenüber Natur und Umwelt kombiniert wird". Zudem bleibe der Gesetzesvorschlag hinsichtlich neuer Energiesparmassnahmen zu zahm.

Über die Vorlage debattiert der Ständerat in der Herbstsession.

(AWP)