Während das Geschäft mit Lebensmitteln und Getränken im Shutdown anzog, erlebten Modehändler einen katastrophalen April - obwohl einige Läden zum Monatsende wieder öffnen durften. Der Handelsverband HDE fürchtet nun zahlreiche Pleiten mittelständischer Geschäfte und viel Leerstand in den Fussgängerzonen. Er forderte von der Bundesregierung Hilfen für den stationären Handel.

Im April sank der Umsatz im Einzelhandel preisbereinigt um 6,5 Prozent gemessen am Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Zum Vormonat März fiel der Umsatz nach vorläufigen Daten um gut 5 Prozent. Es war der stärkste Rückgang gegenüber einem Vormonat seit dem Januar 2007.

Gefragt waren im April zwar Lebensmitteln, Getränken und Tabak, dort stieg der Umsatz um 6,2 Prozent. Gerade Supermärkte profitierten. Hingegen brach der Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln um 14,5 Prozent ein - der grösste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 1994, so die Wiesbadener Statistiker. Besonders gross waren die Umsatzverluste bei Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren mit mehr als 70 Prozent. "Die Krise trifft besonders stark kleine und mittelständische Handelsunternehmen, die wie keine andere Branche von zentraler Bedeutung für unsere Städte und Gemeinden sind", erklärte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Internet- und Versandhandel als grosser Gewinner

Grosser Gewinner in der Corona-Krise war dagegen der Internet- und Versandhandel mit einem Umsatzplus von mehr als 24 Prozent zum April des Vorjahres. Da viele Geschäfte erst Ende des Monats unter Auflagen wieder öffnen durften und Verbraucher Angst vor Infektionen hatten, kauften sie verstärkt im Internet.

Experten glauben, dass sich solche Gewohnheiten verfestigen. "Ein Teil des Einzelhandelsumsatzes, der während des Shutdowns an den Onlinehandel abgegeben wird, bleibt dauerhaft für den stationären Einzelhandel verloren", erklärte Bulwiengesa-Handelsexperte Joseph Frechen jüngst in einer Analyse.

Dem HDE zufolge blieben zuletzt die Umsätze von Händlern aus dem Nicht-Lebensmittelbereich weiter unter Vorjahresniveau. Zu befürchten sei der schleichende Tod vieler mittelständischer Geschäfte mit entsprechenden Folgen für die Innenstädte. Hauptgeschäftsführer Genth fürchtet Umsatzeinbussen von rund 15 Milliarden Euro in den Monaten Juni bis Dezember. "Die Krise ist also keinesfalls vorbei."

Kredite reichen nicht aus

Unter den rund 80'000 Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarengeschäften hierzulande gebe es erste Insolvenzen und Schliessungen, berichteten die Branchenverbände BTE, BDSE und BLE. Kurzarbeitergeld und KfW-Kredite reichten nicht, um Boutiquen und Modehäuser zu retten.

Der HDE und der Immobilienverband ZIA forderten von der Bundesregierung Überbrückungshilfen für den stationären Handel als Bestandteil eines Konjunkturprogramms. "Durch den Shutdown und die weiteren Massnahmen wie die Maskenpflicht in Geschäften und die Begrenzung der Kundenzahl sind gesunde Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten geraten", hiess es in einer gemeinsamen Mitteilung. "40 Prozent unserer Nonfood-Einzelhändler sind in ihrer Existenz bedroht, so dass wir eine direkte Unterstützung brauchen."

(AWP)