Knappe Lagerbestände zeigen sich in so unterschiedlichen Sektoren wie der Halbleiter-Branche, bei Stahl, Holz und Baumwolle. Hersteller in Europa und den USA berichteten in dieser Woche beispiellos volle Auftragsbücher und höhere Materialpreise. Unter anderem Nestlé und Colgate-Palmolive kündigten die Notwendigkeit von Preiserhöhungen an.

US-Finanzministerin sorgt für Irritationen am Markt

US-Finanzministerin Janet Yellen sorgte am Markt gerade für Irritationen, als sie sagte, angesichts der zunehmenden Staatsausgaben müssten die Zinsen wahrscheinlich angehoben werden. Später ruderte die ehemalige Fed-Chefin zurück und stellte klar, eine Erhöhung weder empfohlen noch vorhergesagt zu haben.

Ein Bloomberg-Barometer, welches Preise von 23 Rohstoffen abbildet, notiert auf dem höchsten Stand seit fast einem Jahrzehnt und ein globaler Index für Erzeugerpreise ist auf den höchsten Stand seit 2009 geklettert. Für das erste Quartal schätzt JPMorgan ein Inflationsmass (ohne Lebensmittel, mit Energieimporten) in den USA auf fast vier Prozent, was der höchste Stand seit fast drei Jahren wäre.

"Die Risiken weisen im aktuellen Umfeld eindeutig aufwärts", konstatiert John Mothersole, Spezialist für Preis- und Einkaufsanalyse bei IHS Markit. Der Anstieg der Rohstoffpreise im vergangenen Jahr garantiere höhere Inflation bei verarbeiteten Gütern in diesem Sommer.

Die IHS-Markit-Analyse für diverse wichtige Bereiche ergab, dass die Preissteigerungen gegen Ende des Jahres abklingen dürften. Strategen von Blackrock schrieben indessen am Montag, dass sie für die Jahre 2025 bis 2030 einen durchschnittlichen Anstieg der US-Konsumentenpreise von fast drei Prozent erwarten. An den Märkten jedoch werde diese Tempo noch immer nicht vollständig eingepreist.

Eine Rohstoffrally

Die Argumentation für eine länger anhaltende Inflation bis 2022 beruht oft auf den Billionen von Dollar, die angesichts des Niedrigzinsumgfelds zur Konjunkturstützung weltweit in Infrastrukturprojekte gepumpt werden, vor allem in den USA. Das hat die Rohstoffrally beschleunigt, während es in mehreren Märkten - wichtige Volkswirtschaften sind schon auf Erholungspfad - zunehmend Anzeichen für Engpässe gibt.

Einige Unternehmen haben festgestellt, dass sie es sich nicht leisten können, auf ein Ende der vermeindlich vorübergehenden Preisanstiege zu warten. Das bedeutet, Verbraucher müssen mit höheren Kosten rechnen für verschiedenste Alltagsgüter - von Müllsäcken bis Kinderkleidung.

"Direkte Preiserhöhungen werden mit Blick auf die zweite Jahreshälfte weiterhin ein wichtiges Element sein", sagte Colgate-Palmolive-Chef Noel Wallace Ende letzten Monats, als das Unternehmen seine Ergebnisse bekannt gab. "In der gesamten Branche dürften wir vermehrt Preisanhebungen sehen angesichts des Gegenwinds, dem alle ausgesetzt sind."

Höhere Preise für Baumwolle chinesischer Produzenten zwingen den Bekleidungshersteller Carter’s zu sondieren, welchen Teil des Anstiegs er weitergeben kann. "Allmählich sehen wir Anzeichen einer Inflation bei den Materialkosten, insbesondere bei Stoffen", sagte Vorstandschef Michael Casey am 30. April in einer Telefonkonferenz. Das Unternehmen reagiert zunächst mit weniger Rabattaktionen.

Auch Mais, Soja und Weizen klettern höher

Auch Mais steht auf der wachsenden Liste von Rohstoffen, die teurer werden. Am Chicagoer Terminmarkt knackten die Futures in dieser Woche zum ersten Mal seit über acht Jahren die Marke von sieben Dollar pro Scheffel. Auch die Notierungen von Sojabohnen und Weizen klettern.

US-Notenbankchef Jerome Powell hat in der vergangenen Woche seine Inflationsprognose und seinen weiterhin lockeren geldpolitischen Kurs noch einmal bekräftigt. Der Inflationsanstieg bei so vielen Gütern könnte jedoch die Geduld der Anleger strapazieren. Der Druck auf die Währungshüter wächst, Preiserhöhungen für die Verbraucher abzuwehren.

"Man muss aufpassen, dass man nicht ein paar einzelne Datenpunkte überbewertet und auf die breitere Wirtschaft projiziert", erklärte Douglas Porter, Chefökonom bei BMO Capital Markets, in einem Bericht vom 1. Mai. Aus mehreren Punkten würden erst belastbarere Daten, so etwa die Kombination aus US-Arbeitskosten, Löhnen in Kanada und den immer noch steigende Frachtkosten.

"Wie die steigende Inflation nahelegt: Wenn man die Dinge heisslaufen lässt, kann man sich die Finger verbrennen."

(Bloomberg)