Das berichtete "Der Spiegel" unter Berufung auf Verhandlungskreise. Derzeit werde über Hilfen von rund zehn Milliarden Euro verhandelt. 5,5 Milliarden Euro davon sollen in Form einer stillen Beteiligung fließen. Dafür verlange der Bund eine Garantiedividende von neun Prozent. Weitere 3,5 Milliarden Euro solle die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beisteuern. Aus Regierungskreisen verlautete, die Verhandlungen und Gespräche dauerten an. Die Lufthansa wollte den Bericht nicht kommentieren.

Im Zuge der Coronakrise ist der internationale Luftverkehr praktisch zum Erliegen gekommen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr zufolge stehen bei der Airline die Jobs von 10000 der zuletzt noch gut 130000 Beschäftigten zur Disposition. Die Schweizer Lufthansa-Töchter Swiss und Edelweiss sicherten sich von der Schweizer Regierung bereits staatliche Garantien für umgerechnet 1,2 Milliarden Euro Kredit. Reuters hatte am Mittwoch von Insidern erfahren, dass es um ein Paket von neun Milliarden Euro Finanzhilfe ging - mit sechs Milliarden Euro staatlich garantierten Krediten von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien, den Heimatländern der Lufthansa und ihrer Tochter-Airlines, sowie um rund drei Milliarden Euro Eigenkapital.

Nur mit Staatshilfe der vier Länder der Airline-Gruppe können eine Insolvenz der Lufthansa vermieden werden, erklärte Spohr in seiner vorab veröffentlichten Rede zur Hauptversammlung, die am Dienstag über das Internet abgehalten wird. Dank Finanzierungen, Kostensenkungen und striktem Liquiditätsmanagement beliefen sich die verfügbaren Mittel des Konzerns noch auf vier Milliarden Euro. "Unsere Liquidität wird in den nächsten Wochen weiter sinken. Und zwar deutlich."

Rynair-Chef O'Leary: "Der freie Wettbewerb ist ernsthaft bedroht"

Der Lufthansa-Chef spricht sich zugleich erneut dagegen aus, die staatlichen Finanzhilfen mit einer Mitsprache der Politik in dem Konzern zu verbinden. "Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung", will Spohr am Dienstag laut Redetext sagen. Die unternehmerische Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Managements müsse erhalten bleiben. Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern, welche die geplante Hilfe ermöglichten, übernehme die Lufthansa, indem sie eine international wettbewerbsfähige europäische Airline-Gruppe bleibe. Die Lufthansa müsse in Zukunft noch gegen die großen Konkurrenten aus den USA, China und vom arabischen Golf ankommen. Dafür dürfe sich das Unternehmen nicht überschulden. "Die Politik ist aufgerufen, darauf zu achten, dass Hilfen nicht zu einer Schieflage im internationalen Wettbewerb führen."

Mit der Krise werden Spohr zufolge rein rechnerisch bei der Lufthansa die Arbeitsplätze von rund 10000 Mitarbeitern überflüssig. Betriebsbedingte Kündigungen schloss er nicht mehr aus, auch wenn das Management so viele Beschäftigte wie möglich halten wolle. Der britisch-spanische Konkurrent IAG, Mutterkonzern von British Airways, Iberia, Aer Lingus, Level und Vueling, hat den Abbau von 12000 Arbeitsplätzen angekündigt. Europas führender Billigflieger Ryanair aus Irland will 3000 Mitarbeiter, vorwiegend Piloten und Flugbegleiter, wegen der Krise entlassen.

Im Interview mit Reuters beschwerte sich Rynair-Chef Michael O'Leary, dass die konkurrierenden Airlines wie Lufthansa oder Air France-KLM mit Staatsgeldern "gedopt" würden. "Die Preisgestaltung wird düster sein. Das Wettbewerbsumfeld wird düster sein, ich denke für die nächsten zwei oder drei Jahre", sagte er. "Wir werden jetzt mit Fluggesellschaften konkurrieren, die gigantische Summen an staatlichen Beihilfen erhalten haben und bar jeder Wirtschaftlichkeit für immer weitermachen können", sagte er. O'Leary sagte, er komme auf insgesamt 30 Milliarden Euro, die 14 Airlines in Europa an Steuergeldern bekämen. Er werde dagegen klagen. Aber bis das geklärt wäre, sei der Schaden schon angerichtet. "Der freie Wettbewerb, der die Luftfahrt in Europa in den vergangenen 30 Jahren umgekrempelt hat, ist jetzt ernsthaft bedroht."

(Reuters)