Chiesa rechnet dabei mit einer Zürcher Kandidatur: Die Kantonalpartei aus dem "wirtschaftlich wichtigen und bevölkerungsreichsten Kanton" dürfte eine solche lancieren, sagte er dem "Sonntagsblick".

Auch aus Bern erwartet der SVP-Präsident eine Bewerbung. Dass mit Simonetta Sommaruga (SP) bereits eine Bernerin in der Landesregierung vertreten ist, sei kein Hindernis. "Es wäre nicht das erste Mal, dass zwei Vertreter aus demselben Kanton im Bundesrat sind", sagte Chiesa. Auch weitere Kandidaturen seien möglich.

Es sind erst einige Absagen klar

Welche Politikerinnen und Politiker sich für den auf Ende Jahr freiwerdenden Sitz bewerben werden, blieb über das Wochenende offen. Klar geäussert haben sich bislang erst jene Personen, die auf eine Kandidatur verzichten wollen.

So schloss etwa der früher SVP-Parteipräsident Toni Brunner (SG) ein Polit-Comeback aus: "Ich wäre nicht 2018 aus dem Nationalrat zurückgetreten, wenn ich Bundesrat werden wollte", sagte der Landwirt der "NZZ am Sonntag". Er stehe als Mitglied der Findungskommission der Partei für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer sowieso nicht zur Verfügung.

Auch die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher steht gemäss eigenen Aussagen nicht für eine Bundesratskandidatur zur Verfügung. Die Partei verfüge über zahlreiche andere hervorragende Kandidatinnen und Kandidaten, liess die 53-jährige Chefin der Ems-Chemie-Holding der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilen.

Die Thurgauer SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Diana Gutjahr steht momentan ebenfalls nicht für das Bundesratsamt zur Verfügung. Neue Möglichkeiten müssten immer mit der aktuellen Lebensphase vereinbar sein, sagte die 38-Jährige der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Als 'Frisch-Mami' würde dies in meinen aktuellen Lebensabschnitt nicht passen."

Der Luzerner Nationalrat Franz Grüter, der Schwyzer Nationalrat Marcel Dettling und der Berner Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektor Pierre Alain Schnegg haben sich über das Wochenende auch aus dem Rennen für die Maurer-Nachfolge genommen.

Favoritinnen und Favoriten halten sich bedeckt

Die oft gehandelten Topfavoritinnen und -favoriten hielten sich vorerst noch weitgehend bedeckt. Der Berner Nationalrat Albert Rösti, der die SVP Schweiz von 2016 bis 2020 präsidierte, räumte in der Samstagsrundschau von Schweizer Radio SRF zumindest ein, dass er sich Gedanken über eine Kandidatur mache. Er suche nun aber erst einmal das Gespräch mit der Familie und der Partei. "Ich werde dann zu gegebener Zeit entscheiden, ob ich in dieses Rennen steige."

Die Zürcher Gesundheitsdirektorin und frühere Nationalrätin Natalie Rickli legte sich ebenfalls noch nicht fest: Es sei eine grosse Ehre als mögliche Maurer-Nachfolgerin genannt zu werden - aber sie habe bis anhin gar nicht überlegt, für den Bundesrat zu kandidieren, sagte die 45-Jährige in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRF. Ihr Fokus liege derzeit auf den Erneuerungswahlen für den Zürcher Regierungsrat im Frühling 2023.

Es sei "noch viel zu früh für ein Ja oder Nein zu einer möglichen Kandidatur", sagte auch die St. Galler Nationalrätin Esther Friedli der "NZZ am Sonntag". Die 45-jährige Politikberaterin und Gastronomin ist seit 2019 im eidgenössischen Parlament. Medien und Parteipräsident Marco Chiesa zählen sie zu den valablen Kandidatinnen.

Noch nicht explizit geäussert hat sich der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi, der als SVP-Fraktionschef praktisch von Amtes wegen zum Favoritenkreis gehört. Der 43-jährige Unternehmensberater war bereits 2015 offizieller Bundesratskandidat bei der Nachfolge von Eveline Widmer-Schlumpf, unterlag aber Parteikollege Guy Parmelin.

Die Kantonalsektionen können bis am 21. Oktober ihre Bewerbungen einreichen. Die SVP-Fraktion wird voraussichtlich am 18. November entscheiden, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie der Vereinigten Bundesversammlung am 7. Dezember zur Wahl vorschlagen wird.

(AWP)