Als Studentin für Biomedizintechnik hätte Priya Karani nie gedacht, dass sie für eine Karriere an der Wall Street überhaupt infrage kommt. "Ich war nicht an einer Karriere als Wertpaperhändlerin in einer Bank interessiert, weil ich nicht wusste, dass es eine Option für mich ist", sagt sie.

Mittlerweile ist Karani Geschäftsleiterin bei Barclays in New York und handelt mit Derivaten im Gesundheitsbereich. Als Frau ist sie im traditionell von Männern dominierten Finanzsektor klar in der Minderheit. Für den Wertpapierhandel finden sich immer noch sehr wenige weibliche Interessenten, auch weil sich hartnäckige Vorurteile über die für den Beruf benötigten Fähigkeiten halten.

Laut einer Studie der Personalfirma Sheffield Haworth befinden sich unter den Wertpapierhändlern nur 12 bis 15 Prozent Frauen. "Ich glaube nicht, dass sich viel geändert hat, obwohl Firmen hart daran arbeiten, ihre Geschlechterverteilung zu verbessern", sagt Sheffield-Haworth-Experte Jon Regan.

Flächendeckende Daten für die gesamte Branche gibt es bislang nicht. Im vergangenen Jahr begannen Banken verstärkt, Daten über die Bezahlung von Angestellten und die Geschlechterverteilung am Arbeitsplatz offenzulegen. Sie reagierten damit auf Druck von Aktionären.

Um Frauen wird aktiv geworben

Zugleich mehren sich Initiativen, um Frauen beispielsweise an Universitäten für den Wertpapierhandel anzuwerben. Im Rahmen eines Programms von Barclays spricht Karani mit jungen Studentinnen über Karrierepläne. Citigroup, JPMorgan und Goldman Sachs haben ähnliche Projekte gestartet und fördern Interviewtraining und Netzwerke für weibliche Mitarbeiter und Kandidaten.

"Wir sind besser darin geworden, Frauen in unsere Kurse für Analysten aufzunehmen", sagt Devisenhändlerin Claudia Jury von JPMorgan. Goldman Sachs hat als Ziel ausgegeben, dass die Belegschaft irgendwann einmal zur Hälfte aus Frauen besteht. Doch im Handel sei man noch weit davon entfernt, sagt Janine Glasenberg, die für die Bank das Karriereprogramm in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten leitet.

"Unternehmen wollen mehr Frauen im Handel und in anderen Bereichen anwerben, aber es stehen noch nicht genügend zur Verfügung", sagt Ross Gregory von der Personalfirma Proco Commodities. Neben dem öffentlichen Druck, für mehr Gleichberechtigung zu sorgen, gibt es das Argument, dass Frauen zu weniger Risiken im Wertpapiergeschäft neigen.

Um mehr potenzielle Kandidatinnen anzusprechen, wollen die Banken Vorurteile aus dem Weg räumen, etwa dass man einen Finanzabschluss braucht oder ein Mathematik-Genie sein muss. "Wir verbringen viel Zeit damit, Frauen mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund zu ermutigen, sich das Geschäft anzuschauen", sagt Amanda Magliaro, Geschäftsleiterin bei Citigroup. "Das hat die Zahlen schon verbessert." 

(Reuters)