Von den Regeln versprechen sich die Befürworter Schub für die Finanzierung des Wandels hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft, für den in den kommenden Jahren hohe Milliardensummen gebraucht werden. "Das wird nicht billig", sagte EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. "Der Markt will Klarheit", ergänzte Finanzkommissarin Mairead McGuinness. Die neuen Regeln seien bahnbrechend.

Die Details der Vorschläge sind technisch, doch sind sie auch politisch umstritten, weil Weichen für Finanzströme gestellt werden. Die beiden zentralen Knackpunkte - nämlich ob auch Investitionen in Erdgas- und Atomprojekte nachhaltig sein können - klammerte die Kommission deshalb vorerst aus. Sie sollen später geregelt werden.

Das Paket der Kommission setzt an verschiedenen Stellen an, um Finanzierungen in die gewünschten Bahnen zu lenken und umweltschädliche Aktivitäten zurückzudrängen. Der sogenannte delegierte Rechtsakt zu der seit 2020 geltenden Taxonomie-Verordnung soll definieren, welche wirtschaftlichen Aktivitäten "substanzielle positive Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt" haben. Dies bezieht sich unter anderem auf erneuerbare Energien, Industrie, Verkehr und Gebäude.

Daneben steht ein Vorschlag für zusätzliche Berichtspflichten für grosse Unternehmen - eine Richtlinie namens CSRD. Ziel ist nach Angaben der Kommission, Informationen der Unternehmen über die Nachhaltigkeit ihrer Aktivitäten vergleichbarer zu machen. Statt bisher 11 000 Firmen sollen künftig rund 50 000 unter solche Vorgaben fallen. Drittes Element sind Pflichten für Berater, Anleger gezielt auch auf nachhaltige Investments hinzuweisen.

Weil es um viel geht, versuchen Interessengruppen seit Wochen, Einfluss auf die Vorschläge zu nehmen. "Es war keine leichte Aufgabe", räumte Dombrovskis ein. "Ich kann ehrlich sagen, dass ich bei keinem anderen Thema ein derart weites Spektrum von gegensätzlichen Auffassungen und Ansätzen gesehen habe." Nach der Vorstellung des Pakets hagelte es Kritik.

So bemängelte der europäische Verbraucherverband BEUC, mit diesen Vorgaben bestehe weiter das Risiko von "Greenwashing", zumal klimaschädliche Aktivitäten wie Waldwirtschaft und Bioenergie einbezogen seien. "Diese Pläne laufen darauf hinaus, den Green Deal der EU zu unterlaufen", monierte BEUC.

Der deutsche Stadtwerke-Verband VKU bedauerte, dass Gas aus dem Regelwerk ausgeklammert wurde. "Nach Kernkraft- und Kohleausstieg brauchen wir dringend gasbefeuerte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen als Brückentechnologie, um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten", warnte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold reklamierte es indes als Erfolg, dass Gasprojekte aussen vor bleiben: "Die ganz grosse Katastrophe wurde vertagt."

Der Verband der Automobilindustrie sorgt sich um die Finanzierungsmöglichkeiten: "Der Zugang zu Krediten mit akzeptablen Konditionen muss gerade für die Unternehmen möglich bleiben, die in Transformationenprozessen sind."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüsste, dass nun alle grösseren Unternehmen soziale und ökologische Informationen veröffentlichen müssten. Doch sollten aus Sicht des DGB auch bestimmte kleinere und mittlere Unternehmen in die Berichtspflichten einbezogen werden.

Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber warnte seinerseits vor zu viel Bürokratie und erklärte: "Allein mit Offenlegungspflichten wurde noch kein Problem gelöst, Berichtspflichten generieren aber viel Bürokratie. Man muss sich also sehr genau fragen, ob wirklich alles, was die Kommission vorschlägt, auch tatsächlich gebraucht wird."

Der sogenannte delegierte Rechtsakt zur Taxonomie soll Ende Mai verabschiedet werden. Der Richtlinienvorschlag geht ins Gesetzgebungsverfahren und dürfte erst in einigen Monaten konkreter werden./vsr/DP/zb

(AWP)