Er kontert mit seiner Warnung Kritiker, die behaupten, die Berücksichtigung von Umweltauswirkungen bei Investitionsentscheidungen sei eine politisch motivierte Modeerscheinung. "Stakeholder-Kapitalismus hat nichts mit Politik zu tun", schrieb Fink, 69, in seinem jährlichen Brief an Vorstandsvorsitzende. "Es ist keine soziale oder ideologische Agenda. Es ist nicht 'woke'."

In den zehn Jahren, in denen Fink seine Briefe geschrieben hat, ist BlackRock auf ein Vermögen von mehr als 10 Billionen Dollar (8,8 Billionen Euro) angewachsen und hält damit bedeutende Anteile an vielen grossen Unternehmen. Der Vermögensverwalter ist auch ein grosser Nutzniesser des Booms nachhaltiger Investitionen: Sein Portfolio umfasst 509 Milliarden Dollar an nachhaltigen Anlagen, mehr als doppelt so viel wie noch vor einem Jahr.

Und das Unternehmen sieht noch mehr Möglichkeiten für die Zukunft. Doch das Wachstum von BlackRock und die öffentlichkeitswirksamen Äusserungen von Fink haben Kritiker aus allen Ecken auf den Plan gerufen. Auf der Linken beschweren sich Progressive darüber, dass BlackRock und andere ihren finanziellen Einfluss nicht nutzen, um schneller mehr zu tun. Auf der politischen Rechten haben einige US-Bundesstaaten erklärt, dass sie keine Geschäfte mit Vermögensverwaltern machen werden, die zum Beispiel Investitionen in Öl und Gas meiden.

ESG-Fonds mit fossilen Energieriesen

Fink nutzte das diesjährige Schreiben, das am späten Montag in New York auf der Website des Unternehmens veröffentlicht wurde, um seine Position zu fossilen Brennstoffen deutlich zu machen. "Die Veräusserung ganzer Sektoren - oder einfach die Verlagerung kohlenstoffintensiver Vermögenswerte von öffentlichen Märkten auf private Märkte - wird die Welt nicht auf Netto-Null bringen", sagte er. "Und BlackRock verfolgt nicht die Politik, sich von Öl- und Gasunternehmen zu trennen."         

Tatsächlich tut es genau das Gegenteil. Die börsengehandelten ESG-Fonds des Unternehmens sind nicht nur an fossilen Energieriesen wie Exxon Mobil und Chevron beteiligt, sondern ihr grösster ESG-ETF hat laut Bloomberg Intelligence eine höhere Gewichtung in 12 Aktien fossiler Energieträger als der S&P 500.

Der Kapitalismus - und nicht das Klima - stand im Mittelpunkt des diesjährigen Briefes, eine deutliche Veränderung gegenüber den letzten Jahren. "Wir konzentrieren uns auf die Nachhaltigkeit, nicht weil wir Umweltschützer sind, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder unserer Kunden sind", schrieb Fink und ermutigte die Unternehmen, langfristigen Gewinnen Vorrang vor kurzfristigen Erträgen zu geben.

Er rief die Unternehmen auch dazu auf, sich in einem angespannten Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer attraktiver zu machen, denn "Arbeitnehmer, die mehr von ihren Arbeitgebern verlangen, sind ein wesentliches Merkmal eines effektiven Kapitalismus".

Notwendigkeit fossiler Brennstoffe

Fink erwähnte das Thema Klima erst in den letzten Abschnitten seines Schreibens, und dann auch nur viermal, darunter einmal im Zusammenhang mit der Task Force für klimabezogene Finanzinformationen und einmal, um zu sagen, dass Unternehmen "nicht die Klimapolizei sein können". Er betonte auch die unmittelbare Notwendigkeit fossiler Brennstoffe, um die Energieversorgung sicherzustellen, und sagte, dass ehrgeizige Ziele Zeit brauchen.

Umweltaktivisten meldeten umgehend ihre Enttäuschung an und warfen Fink vor, sich auf beide Seiten schlagen zu wollen. "Fink will sich anscheinend aus der Politik heraushalten, aber indem er sich mit denjenigen gut stellt, die von den Ursachen des Klimawandels profitieren, trifft er die politische Entscheidung, die Klimawissenschaft abzulehnen", sagte Moira Birss, Klima- und Finanzdirektorin von Amazon Watch, einer in Kalifornien ansässigen Gruppe zum Schutz des Regenwaldes.

Für BlackRock und andere sind ESG-Investitionen zu einer äusserst lukrativen Strategie geworden. Philipp Hildebrand, 58, der stellvertretende Chairman des Unternehmens, sagte im Oktober, BlackRock erwarte "eine enorme Umschichtung von Kapital in nachhaltige Produkte".

Fink hat ausserdem Aktionäre und Regierungen zum Handeln aufgefordert. Die Regierungen, so Fink, sollten mehr Vorgaben für die Nachhaltigkeitspolitik, die Regulierung und die Offenlegung auf den Märkten machen. BlackRock arbeitet ausserdem an einer Initiative, die den Kunden mehr Macht bei der Stimmrechtsausübung geben soll.

(Bloomberg)