Die Verbraucherpreise zogen im Juni um 8,6 Prozent zum Vorjahresmonat an, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten mit 8,4 Prozent etwas weniger prognostiziert. Im Mai hatte die Teuerung bereits bei 8,1 Prozent und im April bei 7,4 Prozent gelegen. In ersten Reaktionen hiess es dazu:

FRITZI KÖHLER-GEIB, KFW-CHEFVOLKSWIRTIN:

"Der Druck aus kriegs- und Covid-bedingten Einschränkungen könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch weiter verstärken. Vor allem in der hohen Lebensmittelinflation kommen verzögerte Auswirkungen der hohen Energiepreise, des kräftigen Preisanstiegs für Lebensmittelrohstoffe, aber auch Mindestlohnerhöhungen in mehreren Mitgliedstaaten zum Tragen. Das spricht gegen einen schnellen Rückgang der Inflation und birgt die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale. Die Entscheidung der EZB, den Zinsanker zu lichten und Kurs auf eine schrittweise, aber zügige Zinswende zu setzen, ist mit Blick auf die hohe Inflation dringend nötig."

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:

"Entspannung zeichnet sich derzeit nicht ab. Die Lieferschwierigkeiten bei vielen Produkten werden noch länger anhalten. Die Lockdowns in China verhindern eine Besserung der Materialknappheiten. Da Mitte Juli aufgrund von Wartungsarbeiten kein Gas über die North-Stream-Pipeline als auch über die Brotherhood-Pipeline strömen wird, bleibt auch der Druck auf den in Europa so zentralen Gaspreis erhalten."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Das Inflationsdrama geht in die nächste Runde, der Gipfel ist noch nicht erreicht. Es wird auch noch länger dauern, bis ein Entwarnungssignal gegeben werden kann. Viele Preisüberwälzungen befinden sich noch in der Pipeline. Durch den Lieferkettenstress und den Verteilungskampf um Gas bestehen zudem hohe Inflationsrisiken. Klar ist, dass die Konjunkturrisiken durch kräftige Realeinkommensverluste hoch sind. Bevor die Konjunktur nicht mehr mitspielt, sollte die EZB schon im Juli einen grossen Zinsschritt wagen."

JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:

"Mit 8,6 Prozent hat die Inflation im Euroraum wieder einen neuen Höchststand erreicht. Das würde auch für die Teuerungsrate ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel gelten, wenn Deutschland nicht das Neun-Euro-Ticket eingeführt und Bahnfahrten deutlich verbilligt hätte. Der Euroraum hat ein massives Inflationsproblem, das entschiedenes Handeln der EZB erfordert. Sie sollte sich einen Ruck geben und die Zinsen auf der nächsten Sitzung im Juli nicht nur wie angekündigt um einen viertel Prozentpunkt, sondern um einen halben Prozentpunkt anheben."

(Reuters/cash)