Die sieben führenden westlichen Industriestaaten wollen Regierungskreisen zufolge zeigen, dass sie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zusammenstehen. Dies soll sowohl durch eine harte Haltung gegenüber der Regierung in Moskau als auch durch zusätzliche Hilfen für die Ukraine unterlegt werden.

Fast so wichtig ist laut den Regierungskreisen, den Ländern der Südhalbkugel zu vermitteln, dass Demokratien weltweit nicht nur gegen russischen Imperialismus, sondern auch im Kampf gegen Hunger und Armut zusammenstehen sollten. Daran hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch in seiner Regierungserklärung noch einmal erinnert.

Der wichtigste Aspekt des Treffens wird nach Angaben des deutschen G7-Sherpas Jörg Kukies aber einer sein, der gerne übersehen wird: Die Chefs der G7-Staaten haben in der bayerischen Bergkulisse mehr als zwei Tage Zeit, vertraulich miteinander zu reden. Das gilt angesichts von großen Krisen wie dem Ukraine-Krieg, der weltweiten Explosion der Energie- und Nahrungsmittelpreise und dem beschleunigten Klimawandel als besonders wichtig. Immerhin müssen sich die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien, Kanada und Japan über Fragen von Krieg und Frieden abstimmen.

Und zusammen stehen die Demokratien in einem Behauptungskampf gegen eine Achse autoritärer Staaten wie China und Russland. EU, G7 und Nato wollen mit drei Gipfeln innerhalb von nur sieben Tagen kontern. Die EU legte mit dem Beschluss vor, den früheren Sowjetrepubliken Ukraine und Moldau einen EU-Kandidatenstatus zu verleihen.

Bei dem wieder von einem Grossaufgebot von fast 20'000 Polizisten gesicherten G7-Gipfel sind von Sonntag bis Dienstag deshalb viele bilaterale Gespräche vor der Alpenkulisse in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen vorgesehen, zumal auch US-Präsident Joe Biden an den Beratungen teilnimmt. Gastgeber Scholz will mit allen Gästen einmal zusammenkommen - und das sind viele. Denn neben den G7-Staaten hat er auch die Staats- und Regierungschefs von Indien, Indonesien, Südafrika, Argentinien und Senegal eingeladen.

Ihnen kommt in diesem Jahr besondere Bedeutung zu, denn die westliche Sanktionen gegen Russland können nur Erfolg haben, wenn sie nicht von den wichtigen Schwellenländern weltweit unterlaufen werden. Zumindest wollen Scholz & Co klarmachen, dass Russland und nicht der Westen an der Explosion der Energie- und Nahrungsmittel-Preise schuld sei.

Bandbreite von Themen auf der G7-Agenda

Inhaltlich steht eine ganze Bandbreite von Themen auf der G7-Agenda: Es soll etwa ein Bekenntnis für mehr Gleichberechtigung, für mehr Zusammenarbeit bei der weltweiten Nahrungsmittelversorgung und zur Bekämpfung von Pandemien geben. Die deutsche G7-Präsidentschaft hat dabei erneut das Thema der übermäßigen Antibiotika-Nutzung und deren katastrophalen Folgen zum Thema erklärt. Scholz will zudem in Elmau den internationalen "Klimaklub" ausrufen, der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen nationalen Klimaschutzanstrengungen schaffen und damit neue Handelskriege vermeiden soll.

Hauptthema wird aber die Ukraine sein. Präsident Wolodymyr Selenskyj wird - wie schon bei dem EU-Gipfel - nach Elmau per Video zugeschaltet. Scholz forderte einen "Marshall-Plan" für den Wiederaufbau des durch die andauernden russischen Bombardierungen stark zerstörten Landes. Die G7-Staaten müssen überlegen, wie sie die Ukraine neben einer monatlichen Budgethilfe von fünf Milliarden Euro weiter unterstützen - auch mit Waffen.

Mit Spannungen werden die G7-Positionen zur Fiskalpolitik und Freihandel erwartet. Zwar können auch in Elmau nur unverbindliche Absichtserklärungen verabschiedet werden wie immer im informellen G7-Rahmen. Aber ein mehr oder weniger klares Bekenntnis zu Freihandel, dem Umgang mit China und zur Frage, wie man die hohe Inflation bekämpfen will, gilt angesichts der Größe der vertretenen Volkswirtschaften weltweit als wichtige Festlegung.

Erfolg und Misserfolg von Elmau wird für Kanzler Scholz aber wohl auch daran gemessen werden, wie friedlich der Gipfel bleibt. Während das erste G7-Treffen in Elmau 2015 entspannt verlief, hatte Scholz als Hamburgs Bürgermeister 2018 einen G20-Gipfel mit zu verantworten, bei dem es schwere gewalttätige Auseinandersetzungen auf den Straßen gab. 

(Reuters)