Seit Wochen steht Boris Johnson in der Kritik, auch in den eigenen Reihen. Im Folgenden die Entwicklung der jüngsten Skandale:

26. Oktober 2021 - Konservativer wegen bezahlter Lobby-Arbeit in Kritik

Dem konservativen Abgeordnete Owen Paterson aus dem ländlichen North Shropshire droht eine 30-tägige Suspendierung. Das Komitee zur Wahrung der Standards kommt zu dem Schluss, dass Paterson sich für Lobby-Arbeit hat bezahlen lassen und damit die Statuten missachtet hat.

03. November - Regeländerungen angestrebt

Die Regierung stimmt für eine Aufweichung der Regeln des Parlaments im Kampf gegen Korruption. Das könnte einen Abgang von Paterson verhindern. Der Vorstoß löst jedoch eine Debatte über Integrität unter der Führung Johnsons aus. Die Opposition wirft den Konservativen Korruption vor.

04. November - Kehrtwende der Regierung im Fall Paterson

Nach massiven Unmut in der eigenen Partei lässt die Regierung ihre Pläne zur Änderung der Statuten fallen. Paterson tritt zurück, womit eine Nachwahl in seinem Wahlkreis in North Shropshire nötig wird.

22. November - Peppa-Pig-Rede

Bei einer Rede verheddert sich Johnson in seinem Manuskript. Stattdessen erzählt er von seinem jüngsten Besuch in einem Themenpark für Kinder. Er ist an die erfolgreiche Zeichentrick-Serie Peppa Pig (deutsch: Peppa Wutz) über ein Schweinemädchen angelehnt. Den anwesenden Wirtschaftsvertretern erzählt er, dass alle so wie er am Vortag dem Park einen Besuch abstatten sollten. "Ich fand es toll. Peppa Pig World ist nach meinem Geschmack: es gibt sichere Straßen und Disziplin an den Schulen." Seine Führung gerät erneut in die Kritik. Nachfragen von Reportern wischt er weg: "Ich glaube, die Menschen haben die meisten meiner Botschaften verstanden. Das lief sehr gut."

30. November - Berichte über Weihnachtsfeier während des Lockdowns

Die Zeitung "The Mirror" berichtet über eine Weihnachtsfeier im Dezember 2020 - der erste solche Bericht über Zusammenkünfte während des ersten Lockdowns in Regierungsbüros und Johnsons Büro am Amtssitz Downing Street. Zu der Zeit waren in England Kontakte stark eingeschränkt. Diesem ersten Bericht folgten in den Wochen danach noch weitere sowie Fotos als Belegmaterial. Auf einem dieser Fotos ist Johnson zu sehen, wie er ein Weihnachtsquiz für seine Mitarbeiter moderiert. Neben ihm ein Mitarbeiter mit einer Lametta-Girlande um den Hals.

07. Dezember - Mitarbeiter machen sich lustig

ITV veröffentlicht ein Video, in dem Mitarbeiter eine Pressekonferenz nachstellen und sich darüber lustig machen, wie sie eine Zusammenkunft in Downing Street erklären sollen. Nur Stunden zuvor hatte Johnson vor Reportern erklärt, dass er sehr zufrieden sei, dass keine Corona-Beschränkungen missachtet wurden.

08. Dezember - Johnson entschuldigt sich und Sprecherin geht

Johnson entschuldigt sich für das Video und erklärt, es mache ihn wütend. Seine Sprecherin und Beraterin, Allegra Stratton, die selbst in dem Video zu sehen ist, tritt zurück.

09. Dezember - Strafe wegen Renovierung von Downing Street

Die Konservative Partei wird von der Wahlaufsicht zu einer Strafe von 17.800 Pfund (umgerechnet rund 21.000 Euro) verdonnert. Der Partei wird vorgeworden, eine Spende nicht ordnungsgemäß angegeben zu haben, mit deren Hilfe die Renovierung des Dienstsitzes Downing Street finanziert wurde. Dies warf die Frage wieder auf, wer für die Arbeiten aufgekommen ist. Medienberichten zufolge hat die Renovierung Hunderttausende Pfund gekostet.

14. Dezember - Zahlreiche Tory-Abgeordnete verweigern die Gefolgschaft

Johnson sieht sich mit einer regelrechten Revolte in den eigenen Reihen konfrontiert. Fast 100 Tory-Abgeordnete im Unterhaus stimmen gegen die von ihm geforderten neuen Regeln zur Eindämmung der Pandemie. Versuche hinter den Kulissen, die Tory-Abweichler doch noch auf Kurs zu bringen, scheitern. Die Schlappe schürt Zweifel an Johnsons Stellung in der Partei.

17. Dezember - Rücktritt des Chefermittlers zur Weihnachtsfeier-Affäre

Der Chef der laufenden Regierungsermittlungen zu möglichen Corona-Verstößen bei unzulässigen Weihnachtsfeiern, Simon Case, tritt zurück. Case habe sich zurückgezogen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Untersuchung zu bewahren, teilt das Büro von Johnson mit. Case, der höchste britische Beamte, war selbst in die Kritik geraten, nachdem britische Medien berichtet hatten, dass es in seiner Abteilung im Dezember 2020 Zusammenkünfte gegeben haben soll. Cases Aufgabe wird an Sue Gray, eine hochrangige Beamtin im Ministerium für Wohnungswesen und Gemeinden, übertragen.

17. Dezember - Verlust einer Hochburg

Johnsons Konservative Partei verliert bei der Nachwahl in North Shropshire einen Parlamentssitz. Die Abstimmung war nötig geworden, weil der bisherige konservative Abgeordnete, Paterson, zurücktreten musste. Die Wahl galt daher als wichtiger Stimmungstest. Es setzt sich überraschend die Kandidatin der Liberaldemokraten, Helen Morgan, durch. Damit ging für die Tories eine Region verloren, die sie seit fast 200 Jahren fest in der Hand hatten. Johnson übernimmt die Verantwortung.

18. Dezember - Rücktritt des Brexit-Ministers

Der britische Brexit-Minister David Frost tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Als Grund gibt er Sorgen um den Kurs der Regierung an. Laut der Zeitung "Mail on Sunday" war Frost über Johnsons politische Entscheidungen frustriert, darunter auch die Corona-Beschränkungen.

19. Dezember - Fotos einer Gartenparty tauchen auf

Die Tageszeitung "The Guardian" veröffentlicht ein Foto von Johnson und mehr als ein Dutzend weiterer Personen beim Weintrinken im Garten von Downing Street. Das Foto soll am 15. Mai 2020 entstanden sein - also ebenfalls während des ersten Lockdowns. Auf dem Foto ist Johnson an einem Tisch auf der Terrasse sitzend zu sehen, vor sich ein Glas Wein. Neben ihm sitzt seine Lebensgefährtin Carrie mit dem gemeinsamen, neugeborenen Sohn im Arm. Zwei weitere Personen sind ebenfalls an dem Tisch. An einem zweiten Tisch auf der Terrasse sitzen vier weitere Personen und auf der Grünfläche etwas weiter weg ist eine Gruppe von neun Personen zu sehen. Sie stehen um einen Tisch herum, auf dem Weinflaschen zu erkennen sind. Johnsons Büro erklärte, es habe an dem Tag Mitarbeiterbesprechungen im Garten gegeben.

10. Januar 2022 - Bekanntwerden einer Gartenparty während des ersten Lockdowns

Der Sender ITV veröffentlicht eine E-Mail von Johnsons Privatsekretär, in der er für den 20. Mai 2020 über 100 Mitarbeiter zu einer Gartenparty am Amtssitz Downing Street 10 einlädt. Den Alkohol möge jeder selbst mitbringen. Dem Sender zufolge waren Johnson und seine damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau Carrie unter den etwa 40 Gästen.

12. Januar - Johnson entschuldigt sich

Johnson räumt ein, an der Gartenparty am 20. Mai 2020 teilgenommen zu haben. Er entschuldigt sich im Parlament. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um eine Arbeitsbesprechung gehandelt habe. Er sei für etwa 25 Minuten dabei gewesen, um Mitarbeitern zu danken. Im Nachhinein hätte er alle wieder reinschicken sollen, sagt Johnson.

14. Januar - Partys am Vorabend von Prinz Philips Beisetzung

Der "Daily Telegraph" berichtet über zwei weitere Partys in Johnsons Amtsitz in der Downing Street. Die Brisanz: sie fanden am 16. April 2021 statt und damit am Vorabend der Beisetzung von Prinz Philip, dem Ehemann von Königin Elizabeth II. Der Zeitung zufolge muss es ausgelassen zugegangen sein. Mitarbeiter sollen in einem nahe gelegenen Supermarkt größere Mengen Alkohol gekauft haben, Musik sei über ein Laptop abgespielt worden, und eine Schaukel von Johnsons Sohn sei zu Bruch gegangen. Johnson befand sich laut dem Bericht zum Zeitpunkt der Partys auf dem Landsitz Chequers. Sein Büro entschuldigt sich noch am Tag des Bekanntwerdens direkt bei der Queen. Sie saß bei der Trauerfeier in der St George's Chapel wegen der Corona-Beschränkungen alleine in einer Bankreihe.

17. Januar - Ex-Berater wirft Johnson Lüge vor

Johnsons Ex-Berater Dominic Cummings wirft Johnson vor, gelogen zu haben. Der Premierminister habe von der Party am 20. Mai 2020 Kenntnis gehabt, schreibt Cummings in seinem Blog. Er und mindestens ein weiterer Berater hätten Johnsons Privatsekretär Martin Reynolds davor gewarnt, die Party stattfinden zu lassen, da Corona-Auflagen missachtet würden. Reynolds habe Rücksprache mit Johnson gehalten, der wiederum der Party zugestimmt habe.

(Reuters)