Für den sozialliberalen Staatschef geht es bei der Neuwahl der ersten Parlamentskammer um den Rückhalt für sein Reformprogramm. Die Abstimmung wird wegen der Terrorgefahr im Land von rund 50'000 Polizisten geschützt. Umfragen sahen Macrons Partei "La République en Marche!" und ihre Verbündeten zuletzt bei rund 30 Prozent. Wegen des Mehrheitswahlrechts könnte das Macron-Lager letztlich aber die Marke von 400 der 577 Abgeordnetenmandate knacken.

Mehr als 47 Millionen Franzosen sind stimmberechtigt. Das endgültige Ergebnis wird erst nach der zweiten Wahlrunde in einer Woche feststehen.

Bisher ist die Macron-Partei überhaupt nicht in der Volksvertretung präsent. Der Aufstieg von "La République en Marche!" ist beispiellos und erschüttert die politische Landschaft Frankreichs bis ins Mark.

Konkurrenz von rechts

Als Hauptkonkurrenten der Macron-Partei gelten die konservativen Republikaner, denen Umfragen die Rolle der grössten Oppositionspartei zuschreiben. In Bedrängnis bringen könnte Macron noch die Affäre um seinen Vertrauten, Stadtplanungsminister Richard Ferrand, gegen den wegen des Verdachts der Vetternwirtschaft Vorermittlungen laufen. Auch der Koalitionspartner Macrons, die gemässigte Partei Modem, seht im Visier der Staatsanwälte.

Die bislang die Nationalversammlung dominierenden Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande müssen sich auf einen dramatischen Absturz einstellen. Auch die bürgerliche Rechte steht unter Druck. Über ein halbes Jahrhundert hinweg hatten Sozialisten und bürgerliche Rechte die Geschicke des Landes bestimmt.

Der Front National von Rechtspopulistin Marine Le Pen dürfte laut Meinungsforschern ihre Position im Parlament ausbauen - sie ist bislang nur mit zwei Abgeordneten vertreten.

Arbeitsrecht im Visier

Mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung hätte Macron grossen Spielraum für seine Gesetzespläne, um Frankreichs Wirtschaft in Schwung zu bringen. Vorzeigevorhaben ist dabei eine Lockerung des Arbeitsrechts.

Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, brauchen Kandidaten eine absolute Mehrheit in ihrem Wahlkreis. Das schaffen nur die wenigsten. Die Wahllokale sind von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet, in grossen Städten zwei Stunden länger.

(AWP)