"Es ist nicht egal, wer regiert", sagte Merkel, die zur Wahl Laschets auch mit Hinweis auf dessen klar proeuropäische Haltung aufrief. "Es geht morgen darum, dass Deutschland stabil bleibt." Sie nannte sowohl aussen- als auch innenpolitische Gründe. So werde Deutschland von seinen Partnern weniger Unterstützung auch bei der geheimdienstlichen Zusammenarbeit erhalten, wenn es selbst nicht mehr für Sicherheit leiste.

Zudem kritisierte Merkel, dass im Wahlkampf von vielen Parteien vor allem über das Verteilen von Geld geredet worden sei. "Erarbeiten und Verteilen sind aber zwei Seiten einer Medaille", sagte sie und warnte vor einer Strangulierung der Wirtschaft durch Steuererhöhungen. Sie applaudierte stark, als Laschet erneut vor einem Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linken warnte. Der CDU-Chef seinerseits lobte das Engagement der Fridays-for-Future-Bewegung, betonte aber, dass schon der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft bis 2045 eine grosse Herausforderung sei. "Wir müssen das sozialverträglich hinkriegen. Sonst bricht dieses Land zusammen", sagte der CDU-Chef mit Blick etwa auf den Kohleausstieg.

Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) äusserte unterdessen Kritik an den Plänen seiner Partei für eine Vermögenssteuer. "Die Vermögenssteuer steht in unserem Wahlprogramm – ich persönlich sehe sie allerdings skeptisch", sagte er der "Wirtschaftswoche". Dies würde viele inhabergeführte Unternehmen treffen, der Verwaltungsaufwand für die Steuerbehörden sei relativ hoch.

Auch andere Parteien nutzen den Tag vor der Wahl erneut für grosse Kundgebungen. In drei am Freitag veröffentlichten Umfragen lag die SPD jeweils vor der Union. An dritter Stelle folgen danach die Grünen mit deutlichen Abstand vor FDP, AfD und den Linken. Der Wahlausgang und vor allem die Koalitionsbildung danach gelten deshalb als völlig offen.

(Reuters)