In der Shopping-Suche von Google werden prominent die von Händlern beim Internet-Konzern platzierten ausführlichen Anzeigen mit Fotos, Preisen und Links präsentiert. Diese Anzeigen können auch bei einer ganz normalen Google-Suche über den restlichen Treffern eingeblendet.

Diese Anordnung betrachten die EU-Kommission und einige Preissuchmaschinen als widerrechtliche Bevorzugung eigener Google-Dienste. Treffer mit Produktvergleichen der Konkurrenz kämen erst viel später, wo sie seltener angeklickt würden. Der US-Konzern habe "seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben platziert und Vergleichsdienste der Konkurrenz herabgestuft", sagte Vestager.

SCHADENERSATZANSPRÜCHE MÖGLICH

Die Entscheidung der Kommission eröffnet auch den Weg für Wettbewerber, Schadenersatz-Ansprüche gegen Google vor Gericht geltend zu machen. Sie begrüssten Vestagers Vorgehen.

Die Auswirkungen für Google können aber weit über die Shopping-Suche hinausgehen. "Die heutige Entscheidung ist ein Präzendenzfall", betonte Vestager. Die Kommission habe sich darauf festgelegt, dass Google eine marktbeherrschende Position bei der Internet-Suche habe und andere Dienste des Konzerns würden künftig auf dieser Basis unter die Lupe genommen.

Das Verfahren ist eines von drei, in denen die EU-Kommission Google vorwirft, den Wettbewerb zu verzerren. In einem weiteren geht es um das führende Smartphone-System Android. Im Sommer vergangenen Jahres nahm die Kommission erstmals auch das Google-Kerngeschäft mit Suchmaschinen-Werbung ins Visier. Dabei geht es um den Teildienst "AdSense for Search", bei dem andere Websites Google-Suchmasken einbinden können. Nach aktueller Auffassung der Kommission ist Googles Verhalten in beiden Fällen illegal, bekräftigte Vestager.

HOHE STRAFE

Die Geldbusse wegen der Shopping-Suche ist mehr als doppelt so hoch wie die bislang höchste Kartellstrafe von 1,06 Milliarden Euro, die die europäischen Wettbewerbshüter 2009 dem Chipkonzern Intel aufgebrummt hatten.

Google erklärte in einer ersten Reaktion, man sei nach wie vor anderer Meinung in dem Fall und prüfe eine Berufung. "Wenn man online einkauft, will man die Produkte, die man sucht, schnell und einfach finden." Google konterte in dem bereits seit 2010 laufenden Verfahren stets mit dem Argument, die mit Fotos und Details "verbesserten" Suchergebnisse in der Shopping-Suche erleichterten Nutzern die Auswahl und den Kontakt zu Händlern. "Das ist keine Bevorteilung, sondern wir hören unseren Kunden zu", erklärte Google in einem Blogeintrag. Die Argumentation der Kommission sei faktisch, rechtlich und wirtschaftlich falsch.

Wenn der Internet-Konzern gegen die EU-Entscheidung vor Gericht zieht, dürfte es das Verfahren um weitere Jahre verlängern. Der Streit um Strafe gegen Intel von 2009 ist immer noch nicht endgültig ausgefochten.

KRITIK VON GOOGLE

Google kritisiert unter anderem, die Kommission berücksichtige nicht die Rolle des weltgrössten Online-Händlers Amazon und missachte damit, wie die meisten Menschen tatsächlich online einkauften. Kunden kämen auf verschiedensten Wegen zu Online-Händlern, argumentierte Google: "Über allgemeine Suchmaschinen, spezialisierte Suchdienste, Händler-Plattformen, soziale Medien und Online-Anzeigen." Ausserdem erreichten die Händler die Kunden immer mehr auch direkt, zum Beispiel über Apps auf mobilen Geräten.

"Was Google getan hat, ist nach EU-Regeln illegal", erklärte dagegen Vestager. Sie habe den Fall nach ihrem Amtsantritt 2014 mit Priorität behandelt. Zuvor waren mehrere Anläufe, die Untersuchungen mit einem Kompromiss zu beenden, gescheitert.

Alphabet erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von gut 90 Milliarden Dollar. Davon kam der Löwenanteil von Google, der genaue Beitrag der Shopping-Suche ist nicht öffentlich bekannt. Eine Strafe von fünf Prozent der Tageserlöse liefe damit auf rund 12,3 Millionen Dollar - aktuell rund elf Millionen Euro - täglich hinaus. Alphabet sitzt auf Geldreserven von gut 90 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte davon lagert ausserhalb der USA./so/hrz/vsr/DP/das

(AWP)