Die Schweizer Privatversicherer seien insgesamt sehr solide unterwegs, sagte Urs Berger, Präsident des Schweizerischen Versicherungsverband (SVV), am Donnerstag vor den Medien. "Allerdings bereiten uns weiterhin die tiefen Zinsen und die zunehmende Regulierungsdichte Sorgen." Diese setzten insbesondere dem Lebengeschäft zu.

TIEFE ZINSEN BELASTEN

Laut Hochrechnungen des SVV sind die Einnahmen in der Lebensversicherung im Berichtsjahr um 6% auf 30,7 Mrd CHF gesunken. Der Rückgang komme nicht überraschend, meinte Berger. Wegen der tiefen Zinsen sei es für die Anbieter schwierig, Zinsgarantien auf ihren Produkten abzugeben. Denn die Rendite auf den Produkten reiche oft nicht mehr aus, um die Verwaltungskosten zu decken und das Risiko angemessen zu entschädigen.

Im Bereich Einzelleben nahm das Volumen um 5% auf 7,36 Mrd CHF ab. Im Kollektivleben, wo die Versicherer Vorsorgelösungen für KMU anbieten, fielen die Einnahmen um 6,3% tiefer aus als 2015. Der SVV schätzt die Prämieneinnahmen hier auf 23,3 Mrd. Während sich die periodischen Prämieneinnahmen im Kollektivgeschäft mit 10,7 Mrd CHF stabil entwickelten, sank das Geschäft mit Einmaleinlagen um knapp 11% auf 12,6 Mrd.

Für KMU würden die von den Privatversicherungen angebotenen Vollversicherungslösungen weiterhin ein grosses Bedürfnis abdecken, so Berger. Denn die Lebensversicherer übernähmen schliesslich im Gegensatz zu Pensionskassen in der beruflichen Vorsorge einmalige Garantien.

In der Schadenversicherungen haben die Einnahmen im Jahr 2016 um 1,1% auf 26,8 Mrd CHF zugenommen. Die Motorfahrzeugversicherung verzeichnete dank der Zunahme zugelassener Fahrzeuge ein Plus von 1,3% auf 6,00 Mrd. Das Volumen ging hingegen in der Feuer-, Elementar-, und Sachschadenversicherung um 0,9% auf 3,98 Mrd zurück. Grund dafür seien tiefere Prämien infolge eines günstigen Schadenverlaufs in den letzten Jahren. Und die übrigen Schadenversicherungen wuchsen um 0,7% auf 3,84 Mrd CHF.

NOTWENDIGE VORSORGEREFORM

In der beruflichen Vorsorge seien die Anbieter stark vom demografischen Wandel und den Entwicklungen an den Finanzmärkten abhängig. Die Versicherer unterstützten daher das Reformprojekt "Altersvorsorge 2020" von Beginn an. Die Reform sei dringend nötig, um die Altersvorsorge finanziell zu stabilisieren und das jetzige Leistungsniveau beizubehalten, hielt Vorstandsmitglied und Swiss Life Schweiz-Chef Ivo Furrer fest.

Laut Furrer begrüsst der Verband etwa die von den Räten getroffenen Entscheide zum Referenzalter 65 und dessen Flexibilisierung sowie zur Senkung BVG-Umwandlungssatzes auf 6,0% von heute 6,8%. Nun gehe es in der Politik darum, die Vorlage mit wichtigen Massnahmen wie etwa einer Mehrwertsteuer-Erhöhung zugunsten der AHV zu finalisieren.

Weitere Herausforderungen sieht der Verband im Klimawandel sowie in der Digitalisierung der Branche. Mit dem Klimawandel dürften Naturereignisse immer häufiger und intensiver auftreten und die Schäden daraus zunehmen, warnt der SVV. Eine nachhaltige Klimapolitik sei daher vonnöten.

In Sachen Digitalisierung gebe es derweil zahlreiche Chancen und Herausforderungen, die es zu meistern gelte. Der SVV befasse sich mit den politischen Rahmenbedingungen dazu. Aktuell gehe es um die Revision des Datenschutzgesetzes. Die Vorlage dazu begrüsse man grundsätzlich, jedoch müssten die daraus neu entstehenden Pflichten noch auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden.

Ob die Digitalisierung zu einem starken Stellenabbau in der Branche führen wird, bezweifelt Urs Berger. "Ich glaube nicht, dass wir in ein paar Jahren nur noch die Hälfte unserer Leute beschäftigen können", sagte er. In der Behandlung von Schadenfällen oder in der Lebensversicherung bleibe der persönliche Kontakt zum Kundenberater weiterhin zentral. Demgegenüber werde sich das Motorfahrzeuggeschäft mit selbstfahrenden Autos und mobilen Lösungen grundlegend verändern.

mk/ys

(AWP)