Seit der Einführung der Euro-Kursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Herbst 2011 können die Schweizer Währungshüter keine eigenständige Geldpolitik mehr betreiben. Denn die SNB ist an einen tiefen Leitzins gebunden, um so die Attraktivität des ohnehin überbewerteten Frankens vor allem gegenüber dem Euro nicht zu erhöhen. Und so lange die Europäischen Zentralbank (EZB) das Geld nicht verteuert, kann dies die SNB auch nicht tun. Die Schweizer Geldpolitik wird daher am Sitz der EZB in Frankfurt bestimmt.

Das wird nach den jüngsten EZB-Schritten noch Jahre so bleiben, und der Schweizer Leitzins wird sich über längere Zeit nahe Null bewegen. "Wir gehen davon aus, dass es erst 2018 zu einer Zinserhöhung in der Schweiz kommen könnte", sagte Jan Amrit Poser, Leiter Asset Management bei der Bank J. Safra Sarasin, am Mittwochabend in einer Podiums-Diskussion anlässlich einer Publikumsveranstaltung von cash im Park Hyatt Hotel in Zürich. Der Event wurde auch per livestream im Internet übertragen (zum Video gehts hier).

Die EZB hatte letzte Woche weitere Schritte zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Vermeidung von Deflation bekanntgegeben. So wurde der Leitzins auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt und Strafzinsen für Banken erhoben, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, statt Kredite zu vergeben. Poser erwartet weitere geldpolitische Lockerungsmassnahmen der EZB, was den Handlungspielraum der SNB weiter einschränken wird.

Ein anhaltend starker Franken sei natürlich generell nicht gut für die Schweizer Wirtschaft, so Poser weiter, und die Nationalbank müsse den Mindestkurs weiterhin garantieren. Doch der Ökonom sieht nicht allzu schwarz für die Schweizer Konjunktur in den nächsten Jahren. "Ein starker Franken hat in der Vergangenheit durch eine gewisse Produktivitäts- und Lohnpeitsche dazu geführt, dass die Schweizer Wirtschaft immer wettbewerbsfähiger geworden ist."

Auswirkungen auf die Börsen "erträglich"

Tatsächlich befindet sich die Schweizer Wirtschaft - trotz anhaltend starker Landeswährung - weiterhin auf Wachstumskurs. Das Bruttoinlandprodukt stieg im ersten Quartal 2014 gegenüber dem Vorjahresquartal um 2 Prozent. Sorgen bereitet der SNB hingegen die Entwicklung der Immobilienpreise in der Schweiz, welche durch die Nullzinspolitik gerade der Währungshüter in die Höhe getrieben werden. Der Immobilienmarkt wird laut Poser - trotz der weiterhin anhaltenden Tiefzinslandschaft -   aber "eher zur Ruhe kommen, nicht zuletzt wegen der Massnahmen des Bundesrates." Schweizer Banken werden ab dem 30. Juni 2014 verpflichtet, die Eigenmittel für Wohnbauhypotheken von 1 auf 2 Prozent zu erhöhen, wie die Landesregierung im Januar beschloss.

Jan Amrit Poser (rechts) im Gespräch mit cash-Chefredaktor Daniel Hügli

Im Gegensatz zu Europa steht in den USA die Zinswende am kurzen Ende auf der Agenda. Die US-Zentralbank (Fed) wird in diesem Herbst die Aufkäufe von US-Staatsanleihen wohl beenden und Anfang des nächsten Jahres mit der Erhöhung des Leitzinses beginnen.

Die Fed werde zuerst wohl einen kleinem Zinsschritt vornehmen und dann eine Pause einlegen - um zu schauen, was passiere, sagte Poster im Podiums-Gespräch mit cash-Chefredaktor Daniel Hügli. Die Auswirkungen auf die Börsen "werden erträglich bleiben", da andere Wirtschaftsräume wie Japan oder Europa auf absehbare Zeit keine ähnlichen Schritte einleiten würden.

Kein Weg führt an Aktien vorbei

Laut Poser führt in diesem Tiefzinsumfeld auch in Zukunft kein Weg an Aktien vorbei. Er prognostiziert weitere "zwei bis vier Jahre fette Renditen". Die Bewertung der Aktienmärkte könne noch weiter ansteigen, bis ein höheres Zinsniveau erreicht sei.

Für den Swiss Market Index prognostiziert Poser bis Jahresende einen Stand von 8600 Punkten, was einem leichten Rückgang vom derzeitigen Niveau bedeutet. Er begründet dies mit dem höheren Aufholpotenzial der Eurozone und der grösseren zyklischen Ausrichtung zum Beispiel des deutschen Leitindex Dax. Für Juni 2015 sieht Poser den SMI dann bei 9200 Punkten.

Allerdings gibt es bei der Börsenentwicklung über die nächsten Jahre auch Risiken: "Wir sind bereits auf einem hohen Niveau bei den Aktien und nehmen vieles an Renditen und erwartetem Konsum vorweg. Ob dies dann in einem Crash mündet oder durch eine Anpassung durch Nullrenditen über die Zeit wieder normalisiert wird, bleibt abzuwarten." Poser glaubt eher daran, dass die Märkte nach Erreichen der Höchststände "längere Zeit seitwärts tendieren."

Hier gehts zum cash-Podiumstalk (Video) mit Jan Amrit Poser und Daniel Hügli. Vor dem Interview hielt Poser eine Rede zum Thema "Wirtschaftslage und Marktausblick".

Hier finden Sie das einstündige Video der ganzen Veranstaltung: Das Referat von Jan Amrit Poser mit dem anschliessenden Podiumstalk.