Der Verband liess vom Beratungsinstitut BAK Economics eine Studie zum Chemie- und Pharmastandort im internationalen Vergleich erstellen, den "Global Industry Competitiveness Index 2022". Laut diesem belegt der hiesige Standort - wie auch schon im letzten Jahr - den zweiten Platz, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt geht.
USA neu an der Spitze
An der Spitze gab es indes einen Wechsel: Die USA kletterten auf den Spitzenplatz und lösten Irland ab. Die Insulaner rutschten auf den dritten Rang ab. Dass die Schweiz ihren Platz halten konnte, liege an den nach wie vor guten Rahmenbedingungen hierzulande, so Scienceindustries im Communiqué.
Untersucht wurden in der Studie verschiedene Faktoren, die die Attraktivität eines Standorts ausmachen. Im Bereich "Performance" lag die Schweiz weltweit auf Platz eins. Grund: das hohe Wertschöpfungs- und Produktivitätswachstum. Auf dem zweiten Platz rangiert die Eidgenossenschaft bei der "Standortqualität" - laut Studienautoren dank des attraktiven Steuerregimes, der liberalen Arbeitsmarktregulierung sowie der Qualität der Infrastruktur.
Etwas weniger gut sieht es hingegen aus, was Markstellung & Leistungsfähigkeit anbelangt. Hier rutschte die Schweiz vom dritten auf den vierten Rang ab. Den grössten Nachholbedarf orten die Autoren allerdings einerseits im Bereich Digitalisierung. "In der Implementierung digitaler Technologien im Gesundheitssystem und in der digitalen Durchdringung von Forschungspatenten bestehen weiterhin Schwachstellen", sagte Stephan Mumenthaler, Direktor von Scienceindustries.
Klärung des Verhältnis zur EU gefordert
Andererseits sehen der Verband und die Studienautoren Probleme auf die Schweiz zukommen, was das Verhältnis zur EU anbelangt. So gefährde der aktuell eingeschränkte Zugang der Schweiz zum Forschungsprogramm Horizon Europe die Innovationskraft des hiesigen Standorts. Ausserdem sei die EU bekanntlich der wichtigste Handelspartner der Schweizer Chemie- und Pharmaindustrie. Deshalb komme dem Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA) eine hohe Bedeutung zu.
Scienceindustries warnt: Würden gegenseitige Konformitätsbewertungen künftig nicht mehr aktualisiert, wären kurzfristig steigende Kosten und höhere administrative Aufwände die Folge. Er hat hier ein konkretes Negativbeispiel vor Augen: die Schweizer Medtechbranche. Diese verfügt bereits heute nicht mehr über ein aktualisiertes MRA.
Ausserdem verlangt eine neue EU-Verordnung eine erneute Zertifizierung von "alten" Medizinprodukten. Medtech-Unternehmen - auch Schweizer - müssen ihre "alten" Produkte für den EU-Markt neu zertifizieren lassen - und das in der EU. Denn aufgrund des nicht-aktualisierten MRA werden Zertifikate aus der Schweiz in der EU nicht mehr anerkannt - und umgekehrt. Daher müssen EU-Medtech-Firmen ihre Produkte neu auch in der Schweiz zertifizieren lassen.
Mehraufwand für Firmen
Für Firmen bedeutet dies einen grossen Mehraufwand. Und was für die Medtech-Branche gilt, würde natürlich auch für die Schweizer Chemie- und Pharmaindustrie gelten. Ohne eine MRA-Aktualisierung drohten technische Handelshemmnisse, befürchtet Scienceindustries. Langfristig sei gar mit einem Verlust an Standortattraktivität durch tiefere Investitionen und weniger Ansiedlungen zu rechnen.
kw/uh
(AWP)