Zuletzt hatte der russische Präsident Wladimir Putin vermehrt Luftangriffe auf Kraftwerke und Stromnetze befohlen, so dass oft Hunderttausende Menschen in der Ukraine ohne Strom in der Kälte sitzen. Diese Taktik gilt als Reaktion darauf, dass Russland in den Kampfgebieten in den vergangenen Monaten vermehrt Rückschläge erlitt.

Selenskyj bringt Orden und Geschenke an die Front

Erst am Montag hatte Selenskyj die ostukrainische Stadt Bachmut als "heissesten Punkt" entlang der mehr als 1300 Kilometer langen Front bezeichnet. Einen Tag später besuchte er den seit Monaten zwischen russischen und ukrainischen Truppen schwer umkämpften Ort selbst.

"Er hat die vordersten Positionen besucht, Kämpfer mit Orden und wertvollen Geschenken ausgezeichnet", teilte sein Sprecher Serhij Nykyforow dem Staatssender Freedom zufolge mit. Danach sei der 44-jährige Staatschef wieder aus der Kleinstadt im Donezker Gebiet abgereist.

Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hat Selenskyj sein Land nicht verlassen. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne - etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau - liess er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten. Ins Kampfgebiet reiste der ukrainische Präsident bereits mehrmals - ganz im Gegensatz zu Putin, der bislang kein einziges Mal an der Front gewesen ist.

Ausfälle bei Wasser, Strom und Heizung in Kiew

Trotz ständiger Reparaturen gab es in der ukrainischen Hauptstadt Kiew weiter starke Probleme mit der Stromversorgung. Zeitweise standen Teile des U-Bahnsystems still, wie Bürgermeister Vitali Klitschko über Telegram mitteilte. Wegen einer Notabschaltung der Pumpen fiel auch die Wasserversorgung aus. Damit verbunden kam es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch zu Ausfällen der Fernwärme.

Wegen der jüngsten russischen Drohnenangriffe konnte der Strombedarf der Dreimillionenstadt laut Klitschko zuletzt nur noch zu 50 Prozent gedeckt werden. Seit Oktober greift die russische Armee die ukrainische Energieversorgung gezielt mit Raketen und Drohnen an.

London: Putin will Verantwortung für Krieg abwälzen

Nach Einschätzung britischer Geheimdienst-Experten versucht Putin, die Verantwortung für die verlustreiche Invasion in die Ukraine von sich abzuwälzen. Dazu habe ein Besuch beim Hauptquartier der sogenannten militärischen Spezialoperation gedient, hiess es in der täglichen Veröffentlichung des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter. Bei dem von Kameras begleiteten Besuch sei es dem Kreml-Chef wohl auch darum gegangen, Gerüchte über eine Absetzung von Generalstabschef Waleri Gerassimow auszuräumen.

In einer Videoansprache in der Nacht zum Dienstag hatte Putin eingeräumt, die Lage in den Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sei schwierig. Das sind die von Moskau völkerrechtswidrig annektierten Teile der Ukraine. Putin forderte von den Sicherheitskräften seines Landes mehr Einsatz und sagte, eine ihrer wichtigsten Aufgaben sei der Schutz der Bürger der "neuen Regionen" Russlands. Russland hat grosse Teile dieser Gebiete gewaltsam erobert und besetzt und bemüht sich nun, sie gegen ukrainische Gegenangriffe zu verteidigen.

Ausreisewelle bei russischen IT-Spezialisten seit Kriegsbeginn

Rund 100 000 russische IT-Spezialisten haben nach Behördenangaben seit Kriegsbeginn ihre Heimat verlassen. Etwa jeder zehnte Mitarbeiter von IT-Unternehmen sei ausgereist und nicht zurückgekommen, sagte Digitalisierungsminister Maxut Schadajew in Moskau bei einer Anhörung vor dem Parlament. Allerdings seien 80 Prozent von ihnen weiterhin bei russischen Unternehmen beschäftigt.

Insgesamt haben Hunderttausende Russen das Land verlassen. Eine erste Welle erfolgte kurz nach Putins Kriegserklärung, die zweite, nachdem der Präsident eine Teilmobilmachung in Russland ausgerufen hatte. Regierung und Parlament in Moskau beraten nun ein Gesetz, das Ausgereisten verbieten soll, weiter für russische Unternehmen zu arbeiten. Auf diese Weise will man möglichen Kriegsdienstverweigerern die Basis für ihre Existenz im Ausland nehmen.

Die EU spart Gas - Moskau: Weiter Ölbestellungen aus Deutschland

Die Europäische Union hat ihr wegen des russischen Kriegs beschlossenes Gaseinsparziel übertroffen. Die Mitgliedsstaaten verbrauchten von August bis Ende November rund 20 Prozent weniger als durchschnittlich im gleichen Zeitraum der vergangenen fünf Jahre, wie aus Daten des Statistikamts Eurostat hervorgeht. Eine Einsparung von 15 Prozent war avisiert. In Deutschland wurden sogar 25 Prozent gespart, am stärksten sank der Verbrauch in Finnland (-52,7 Prozent).

Nach russischen Angaben haben Deutschland und Polen allerdings auch für die Zeit nach dem Jahreswechsel Öl aus Russland bestellt. Eine Bestätigung aus Berlin und Warschau gab es dafür nicht. Seit Anfang Dezember gilt in der EU wegen des russischen Kriegs ein Embargo auf russisches Öl, das auf dem Seeweg geliefert wird. Deutschland und Polen haben jedoch erklärt, freiwillig auch auf russisches Pipeline-Öl verzichten zu wollen./tam/DP/stw

(AWP)