Die Silberunze hat seit Jahresbeginn gut 9 Prozent an Wert eingebüsst und notiert mit knapp über 27 Dollar pro Unze so tief wie seit August 2012 nicht mehr. Damit steht Silber ganz unten auf der Performance-Rangliste der Edelmetalle. Ist damit die Talsohle erreicht oder geht es noch weiter runter? Experten schätzen die Situation unterschiedlich ein.

"Innerhalb der Edelmetalle erscheint uns Silber derzeit am wenigsten attraktiv", sagt Carsten Menke, Edelmetallspezialist bei Julius Bär, zu cash. Silber wird wegen seines weit geringeren Preises im Vergleich zum Gold auch "Gold des kleines Mannes" genannt. Privatanleger kaufen Silber, um sich gegen Inflation zu schützen. Doch die Teuerungsraten bewegen sich auf sehr tiefem Niveau, und laut den meisten Experten wird dies auch so bleiben.

Hinzu kommt: Die hohen Silbervolumen im Markt würden derzeit zwar noch von den Investoren aufgekauft, so Menke. Aber dies dürfte sich bald ändern, es drohe ein Überangebot. Weiter schmälere auch die anhaltende robuste Verfassung der Aktienmärkte die Attraktivität des Silbers. "Auf Sicht von 12 Monaten gehen wir von einem Silberpreis von 26 Dollar aus", so der Bär-Experte. Das entspräche dem tiefsten Stand seit November 2010.

Diametral anderer Meinung ist die ZKB-Edelmetallexpertin Susanne Toren: "Wir sehen den Silberpreis gegen Ende Jahr bei 33 Dollar und innert Zwölfmonatsfrist sogar bei 35 Dollar", prognostiziert Toren. Zum heutigen Silberpreis entspräche dies einer Verteuerung um über 25 Prozent. Preistreibend wirke, so Toren, die anziehende Industrienachfrage in Schwellenländern wie China.

Silber ist ein zyklischeres Edelmetall als Gold und findet vor allem bei elektronischen Geräten und in der Solarindustrie Verwendung. Zieht die globale Konjunktur an, schlägt sich dies positiv im Silberpreis nieder.

Gute Ausgangslage für Palladium

Weit stärker vom globalen Konjunkturaufschwung wird aber das weisse Edelmetall Palladium profitieren, darin sind sich beide Experten einig. "Wir rechnen auf Sicht von zwölf Monaten mit Palladiumkursen um 875 Dollar", sagt Menke. Das Edelmetall konnte seit Jahresbeginn um 10 Prozent auf 775 Dollar zulegen. Auch ZKB-Analystin Toren ist weiterhin "bullisch" für Palladium. Sie will sich zwar nicht auf ein Kursziel festlegen, glaubt aber, dass gegen Jahresende die Zugewinne für das Palladium noch höher ausfallen dürften als beim Silber.

Anleger sollten aber noch etwas zuwarten: Derzeit sei die Marktstimmung für Palladium zu positiv und dies sei ein Kontraindikator, warnt Menke. "Unsere Erfahrungswerte zeigen, dass das auf eine mögliche Korrektur hindeuten kann." Preise unter 750 Dollar sollten für Käufe genutzt werden, so Menke.  

Angetrieben werden die Palladiumkurse zum einem durch die Erholung auf dem US-Automarkt. Das Metall wird für die Herstellung für benzinbetriebene Personenwagen verwendet. Grösser ist das Wachstumspotenzial in Asien, namentlich in China. So sollen in diesem Jahr die Verkäufe von Personenwagen um 13 Prozent auf knapp 14 Millionen Fahrzeuge steigen, schreibt zum Beispiel die UBS. Die Marktforschungsfirma IHS Global rechnet gar mit über 19 Millionen Personenwagen.

Gestützt werden die Prognosen durch kürzlich angekündigte Investitionen vornehmlich deutscher Autobauer in China. Audi beispielsweise will in den nächsten fünf Jahren drei Milliarden Euro in China investieren. Volkswagen gab bekannt, dass Investitionen in der Höhe von 14 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren geplant sind.

Toren führt noch ein weiteres Pro-Argument für Palladium an: Die Hauptanbieter Russland und Südafrika planen in Zukunft beim Export von Palladium und Platin enger zusammenzuarbeiten. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die beiden Länder letzte Woche auf dem Gipfel der BRICS-Staaten im südafrikanischen Durban unterzeichnet. Geplant ist ein Verbund von Exporteuren nach dem Muster der OPEC-Staaten. Die beiden Staaten kontrollieren gegen 90 Prozent des Platin- und Palladiummarktes. Laut Toren hätten solche Pläne klar bullische Implikationen für die Preise.

Schwache Europawirtschaft hemmt Platin

Verhalten optimistisch geben sich die Experten der ZKB und der Bank Julius Bär für Platin. Das Edelmetall wird für die Herstellung von Diesel-Katalysatoren verwendet. Als klassischer Dieselmotorenmarkt gilt Europa. Doch der Markt entwickelt sich wegen der Euro-Schuldenkrise alles andere als rosig. Die Neuzulassungen in der EU sanken im Februar binnen Jahresfrist um 10,5 Prozent. Damit schrumpfte der Pkw-Absatz den 17. Monat in Folge und erreichte mit weniger als 800'000 neu registrierten Fahrzeugen das niedrigste Niveau in diesem Zeitraum.

Anleger, die in Palladium investieren, brauchen starke Nerven. Denn die Kursentwicklung dürfte aufgrund der zyklischen Natur des Metalls volatil verlaufen. Dasselbe trifft auch auf Platin oder Silber zu. Allgemein gilt: Edelmetalle sollte man, wenn möglich, physisch halten. Bei anderen Varianten wie zum Beispiel ETF drohen Gegenparteienrisiken. Indirekte Investments in Minengesellschaften bergen zusätzliche betriebswirtschaftliche und politische Risiken.