Die SNB hält an ihrem geldpolitischen Kurs fest. Die Währungshüter setzen zur Schwächung des aus ihrer Sicht noch immer hoch bewerteten Frankens weiterhin auf Negativzinsen und Devisenmarktinterventionen. Die Notenbank beliess das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor am Donnerstag bei minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Banken müssen für ihre Sichtguthaben bei der SNB weiterhin einen Strafzins von 0,75 Prozent bezahlen.

Volkswirte kommentieren die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB wie folgt:

Maxime Botteron, Credit Suisse

"Die SNB deutet weiterhin keinerlei Änderung ihrer Geldpolitik an. Sie bleibt vorsichtig und hebt die Abwärtsrisiken für das globale Wirtschaftswachstum hervor. Sie revidierte ihre Inflationsprognose nach unten, allerdings vor allem aufgrund des Ölpreisfalls und das könnte revidiert werden, falls sich die Ölpreise erholen. Angesichts der aktuellen Stärke des Frankens, politischen Unsicherheiten und des etwas schwächeren Wachstums sowohl in der Schweiz als auch im Ausland, scheint jede Zinserhöhung vor der EZB unwahrscheinlich. Deshalb wird die heutige geldpolitische Entscheidung der EZB für den Zinsausblick der SNB sehr wichtig sein."

Alessandro Bee, UBS

"Die Schlüsselwortwahl der SNB bleibt die Gleiche: Der Franken ist weiter hoch bewertet und die Situation am Devisenmarkt bleibt fragil. Der Ausblick der SNB ist etwas schwächer, bleibt aber solide. Die SNB erwartet ein globales Wachstum etwas über dem Potenzialwachstum und das Wachstum in der Schweiz bei rund 1,5 Prozent, also entsprechend dem Potenzialwachstum. Angesichts zahlreicher zurückgenommener Prognosen in den letzten Wochen ist das eine überraschend optimistische Beurteilung. Wir erwarten, dass die SNB in den nächsten Quartalen an ihrer derzeitigen Geldpolitik festhält und die Zinsen erstmals im vierten Quartal 2019 anhebt, wenn wir auch einen Zinsschritt der EZB erwarten.

Matthew Pennill, Morgan Stanley

Nicht wegen der gedämpften zyklischen Wachstums- und der Inflationserwartungen ist die SNB zurückhaltend. Strukturell sind es die wirtschaftliche Fundamentalsituation und die Diskrepanzen zwischen Geldpolitik, Wechselkursen und Inflation, weswegen die SNB derzeit nicht mehr als "Falke" auftreten kann. Wir erwarten, dass die schweizerische Zentralbank die Zinsen erst erhöht, wenn der Anhebungszyklus der EZB angefangen hat, also im Dezember nächsten Jahres, und dann zweimal im Lauf von 2020. 

Thomas Gitzel, VP Bank Liechtenstein

An den niedrigen Teuerungsraten ändert sich vorerst kaum etwas Nennenswertes. Gerade auch deshalb bleibt die aktuelle geldpolitische Ausrichtung bis auf weiteres bestehen. Innerhalb der SNB wird man heute aber auch mit Spannung die EZB-Zinssitzung verfolgen. Stellen die europäischen Währungshüter ihre Wertpapieraufkaufprogramm zum Jahresende ein, wäre ein nächster logischer Schritt eine Zinserhöhung der EZB – allerdings nicht vor Ende des Sommers 2019 und immer unter der Voraussetzung einer soliden Konjunkturentwicklung.

Würden die Frankfurter Währungshüter etwas restriktiver, hätte auch die SNB Spielraum für eine moderate geldpolitische Straffung. All dies ist aber ein Szenario für das Jahr 2020. Wir wollen allerdings zu bedenken geben: Wenn wir uns über das Jahr 2020 unterhalten, ist die prognostische Unschärfe hoch. Sollte sich nämlich die Konjunktur deutlicher als erwartet abkühlen, müsste auch über einen sehr langen Horizont an der gegenwärtigen expansiven Geldpolitik festgehalten werden.

Charlotte de Montpellier, ING Belgien

Angesichts der Revision der Inflationsprognose scheint die SNB mehr "dovish" zu sein als zuvor. Die Normalisierung der Geldpolitik ist im Moment kein Thema und könnte noch mehrere Jahre nicht vollzogen werden. Es sieht mehr und mehr danach aus, als ob die SNB einen ähnlichen Weg wie die japanische Notenbank beschreitet und bis zu einer ersten Zinserhöhung viel Zeit verstreichen wird. Wir erwarten keine Zinserhöhung bevor März 2020 und es könnte sogar noch länger dauern.

Daniel Hartmann, Bantleon

Die SNB hat ihren geldpolitischen Kurs und ihr Wording erwartungsgemäss unverändert gelassen - Leitzinse minus 0,75 Prozent, Franken hoch bewertet, bei Bedarf wird am Devisenmarkt interveniert. Die Inflationsprognose wurde erkennbar nach unten angepasst. Die Wachstumsrisiken werden stärker als beim letzten Mal betont - sowohl für die Weltwirtschaft als auch die Schweiz. Angesichts der tiefen Inflation, der konjunkturellen Abkühlung und des hoch bewerteten Frankens hat die SNB derzeit kein Spielraum die Geldpolitik zu lockern.

Sie muss auf die EZB warten. Wir rechnen mit der ersten Leitzinsanhebung für Dezember 2019 - auf minus 0,50 Prozent. In den kommenden Monaten besteht die Gefahr, dass die Inflation der Schweiz Richtung null Prozent fällt. Die SNB könnte dann sogar wieder unter Druck geraten weitere expansive Massnahmen zu ergreifen.

Markus Thöny, Lombard Odier Investment Managers

Wie erwartet hat die SNB das Zielband für den Dreimonats-Libor unverändert bei -1.25% - -0.25% gelassen und die Inflationsprognose leicht nach unten angepasst. Dies als Reaktion der unter Erwartungen bleibenden Inflation, vor allem auch der Kerninflation, welche seit geraumer Zeit unter ihrer Definition der Preisstabilität verharren. Auf mittlere Frist erwartet die SNB aufgrund des gefallenen Ölpreises eine leicht tiefere Inflation als noch im September. Zudem sieht die SNB die Risiken «nach unten gerichtet», eine leichte Verschärfung der Formulierung seit September. Dies im Gegensatz zur EZB, welche in ihrer Lagebeurteilung im Oktober die Risiken noch als «weitgehend ausgewogen» bezeichnet hatte.

Wir denken, dass die SNB die Entwicklungen des Schweizer Frankens nun genau beobachten wird und sich für die Änderung ihrer Zinspolitik hauptsächlich dadurch leiten lassen wird. Der Franken hat seit Mai merklich aufgewertet und sowohl der Inflation als auch dem allgemeinen Wirtschaftswachstum den Wind aus den Segeln genommen. Diese Aufwertung korreliert stark mit der Zunahme externer Risiken, wie den zähen Verhandlungen um Italien und Brexit, sowie einer Risikoaversion auf den Finanzmärkten, unter anderem ausgeprägt durch die Aufwertung des US Dollars, erhöhter Volatilität, fragiler Aktienmärkte und einer Ausweitung der Kreditrisikoprämien. Eine Beruhigung der Lage ist daher notwendig, bevor die SNB an eine Normalisierung der Zinsen denken wird. Wir gehen davon aus, dass dies frühestens gegen Ende 2019 der Fall sein wird, möglicherweise sogar erst im Frühjahr 2020. Es bleibt unserer Meinung nach unwahrscheinlich, dass die SNB vor der EZB an der Zinsschraube drehen wird und sehen dieses Umfeld für festverzinslichen Anleihen weiterhin als zuträglich.

(Reuters/cash)