UBS-CEO Sergio Ermotti hats getan, ebenso Bundesrat Ueli Maurer: Öffentliche Kritik an der Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Beide stören sich an den Negativzinsen und an den SNB-Devisenmarktinterventionen. Oder genauer, am Resultat dieser Politik: Die SNB hat weltweit die tiefsten Zinsen und die SNB-Bilanzsumme ist mit 843 Milliarden Franken grösser als das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Auch dies ist ein Weltrekord.

Thomas Jordan weist die Schuld von sich, dass die SNB allein für die Situation verantwortlich sei. Grund sei vielmehr das "sehr, sehr tiefe Zinsniveau global", sagt der SNB-Präsident im Video-Interview mit cash.ch am Rande einer Medienorientierung zum vierteljährlich stattfindenden Zinsentscheid der Notenbank. 

Die Negativzinsen von 0,75 Prozent hat die Nationalbank im Januar 2015 eingeführt, als Ersatz für die Mindestkursgrenze zum Euro, die bis dahin bei 1.20 gelegen hatte. Mit ihrer Geldpolitik bestehend aus Negativzinsen und Devisenmarkt-Interventionen will die SNB den Franken schwächen, damit die Schweizer Exportwirtschaft im Ausland wettbewerbsfähig bleibt und damit die Schweizer Volkswirtschaft keinen Schaden nimmt. Auf der anderen Seit leiden Banken, Versicherer, Pensionskassen oder Sparer zunehmend unter den Strafzinsen.

"Es ist eine schwierige Situation für einzelne Gruppen in der Schweiz", gibt Jordan mit Blick auf die Negativzinsen zu. Aber die SNB könne keine Politik betreiben, die sich grundsätzlich von den globalen Trends unterscheide. 

Und er fügt: "Man muss sich immer die Frage stellen: Was würde passieren, wenn die Nationalbank die Zinsen erhöhen würde?" Das würde laut Jordan zu einer Aufwertung der Schweizer Währung führen, es würde die Arbeitslosigkeit in der Schweiz erhöhen, und es würde eventuell auch die langfristigen Zinsen, also die Renditen auf den Bundesanleihen, noch weiter nach unten drücken. "Das kann nicht im Interesse der Arbeitnehmer und der Sparer sein", schlussfolgert Jordan.

Bis die SNB-Leitzinsen wieder im positiven Bereich liegen, dürften Jahre vergehen. Eine leichte Anhebung der Zinsen erwarten die Märkte erst im Jahr 2021 - wenn überhaupt. Denn gegenwärtig stehen die Zeichen eher wieder in Richtung weitererer Zinsabsenkungen. Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank hatten in letzter Zeit signalisiert, dass sie angesichts gestiegener Konjunktursorgen die Geldpolitik weiter lockern könnten. 

Ob dann die SNB ebenfalls nachzieht oder ob sie die Zinsdifferenz zum Euroraum auf verringertem Niveau belässt und damit eine Aufwertung des Frankens in Kauf nimmt? Auf solche Fragen gehen Notenbanken natürlich nicht ein. Jordan wiederholte in Bern auf vor der cash-Kamera Aussagen, die er schon Mitte April in den USA getätigt hatte: "Die Nationalbank hat die Möglichkeit, sowohl die Zinsen zu senken und auch zu intervenieren, wie dies notwendig ist."

Und für Jordan steht insgesamt fest, dass sich die SNB auf dem richtigen Weg befindet: "Vor dem Hintergrund der gegenwätigen Situation ist es die beste Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes."

Im cash-Video-Interview äussert sich Thomas Jordan auch zu Devisenmarktinterventionen und zur Bewertung des Franken.