Um dies zu erreichen will sie gesetzlich festlegen, dass die Kantone neu mindestens 26,9 Prozent und die Krankenversicherer höchstens 73,1 Prozent der Leistungen finanzieren, unabhängig davon, wo und von wem diese erbracht werden.
Heute werden Leistungen im ambulanten Bereich vollständig von den Krankenkassen bezahlt, sie werden also über Prämien finanziert. Leistungen im stationären Bereich werden zu mindestens 55 Prozent von den Kantonen und damit aus Steuergeldern finanziert, den Rest bezahlen die Krankenkassen. Es gelten für den ambulanten Bereich, den stationären Bereich und die Pflege also drei unterschiedliche Finanzierungsregimes.
Mehr Kompetenzen für Kantone
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) hiess die tiefgreifende Reform nach zwölf Sitzungen in der Gesamtabstimmung mit 7 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung gut, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. In mehreren Punkten wich die Kommissionsmehrheit vom Beschluss des Nationalrats ab.
Kurz gesagt will die SGK-S den Kantonen mehr Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten geben. So sollen die Kantone beispielsweise mehr Zeit erhalten, um ihren Kostenanteil zu erreichen. Steigen die Kosten in einem Kanton überdurchschnittlich, soll er - zusätzlich zur geltenden Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte - die Zulassung anderer Leistungserbringer im ambulanten Bereich stoppen können.
Die Kantone sollen zudem generell eine Wohnsitzkontrolle durchführen können und zusätzlich Zugang zu allen Originalrechnungen im stationären Bereich erhalten. Dies beinhaltet die Möglichkeit, die Kostenübernahme zu verweigern, wenn formale Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Da die Kantone neu die ambulant erbrachten Leistungen mitfinanzieren, sollen sie überdies in die Tariforganisation für ambulante Behandlungen aufgenommen werden.
Ausgearbeitet hatte die Vorlage die Schwesterkommission des Nationalrats auf Basis einer parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Ruth Humbel (Mitte/AG) aus dem Jahr 2009. Der Ständerat wird die Vorlage voraussichtlich in der Wintersession behandeln.
Anliegen differieren stark
Das Projekt namens Efas (Einheitliche Finanzierung ambulant/stationär) wird seit Jahren diskutiert. Das Ziel ist es, Fehlanreize im Gesundheitswesen zu beseitigen und so Kosten zu sparen. Vereinfacht gesagt sollen die rund zehn Milliarden Franken an Steuergeldern, welche die Kantone heute im stationären Bereich der Grundversicherung an die Leistungserbringer abtreten, den Versicherern übertragen werden, welche damit neu die gesamten Leistungen der Ärzteschaft, der Pflege und der Spitäler vergüten.
Der Bundesrat wäre mit dem Systemwechsel grundsätzlich einverstanden. Es bleibe aber viel Arbeit, sagte Gesundheitsminister Alain Berset bei der ersten Beratung im Nationalrat vor drei Jahren. Das Parlament sei noch weit von einer mehrheitsfähigen Vorlage entfernt.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) äusserte sich wie damals auch am Freitag kritisch. Die Rolle der Krankenkassen würde zu sehr gestärkt. Die Vorlage stamme klar aus der Feder der Krankenkassenlobby, lautete der Tenor.
Die Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura zeigten sich tatsächlich grundsätzlich zufrieden mit den Entscheiden der Ständeratskommission. Jedoch sträuben sie sich gemäss einer gemeinsamen Mitteilung gegen die weitergehenden Kompetenzen der Kantone. Nicht zielführend sei ausserdem die Integration der Langzeitpflege.
Die Kantone sehen dies anders: Für sie ist diese Integration notwendig. Wenn die Reform wirklich einen dämpfenden Effekt auf die Gesundheitskosten haben solle, brauche es mehr als eine blosse Umleitung von Finanzströmen, teilte die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) mit.
Angezeigt sei vielmehr eine bessere Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen, also eine Stärkung der integrierten Versorgung. Wenn einzelne Versorgungsbereiche wie die Pflege ausgeklammert würden, blieben die erhofften Vernetzungseffekte aus.
(AWP)