Seit der Aufhebung der Euro-Kursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Mitte Januar erlebt das "Checken" der Devisenkurse in der Schweiz so etwas wie eine Renaissance. Nicht nur eine breite Masse schaut tagtäglich wieder auf die Devisenkurse, und da vor allem auf die Euro-Franken-Notierung. Für die obersten Währungshüter des Landes gehört so etwas aber zur Routine - schon ganz früh am Morgen.

"Ich darf es fast nicht sagen: Aber ich habe beim Aufwachen mein Handy nebendran, und ich schaue zuallererst darauf, wie sich die Wechselkurse in der Nacht entwickelt haben", sagt Fritz Zurbrügg, eines der drei Direktoriumsmitglieder der SNB, im cash-Video-Interview am Rande der SNB-Sommermedienkonferenz vom Donnerstag in Bern. Zurbrügg ist Leiter des Dritten Departements der SNB, welches auch für die Beurteilung der Finanzmärkte zuständig ist.

Klar dürfen einem SNB-Verantwortlichen vom Range eines Fritz Zurbrügg die Devisenkurse alles andere als egal sein. Schliesslich sitzt die SNB auf einem Devisenberg im Wert von 518 Milliarden Franken. Nicht vergessen werden sollte immer wieder, dass sich die Devisenreserven der SNB lange Zeit auf einem Niveau von rund 50 Milliarden Franken bewegt hatten. Erst ab 2009, mit der Verschärfung der Krise in der Eurozone und mit dem Beginn der umfangreichen Devisenkäufe der SNB zur Abschwächung des Franken, stiegen die Reserven und damit die Bilanzsumme der Nationalbank sprunghaft an.

Heute hat die SNB die vierthöchsten Devisenbestände einer Zentralbank weltweit. In angelsächsischen Marktkreisen wird die SNB daher bisweilen höhnisch als grösster Hedgefonds der Welt betitelt. Und die SNB steht wegen der Frankenstärke (Klagen der Wirtschaft) und wegen der damit implementierten Gegenmittel (Negativzins) seit Monaten in der Dauerkritik in der Schweiz.

Kann Zinserhöhung in den USA helfen?

Doch das Gegenmittel Negativzins, seit fast einem halben Jahr in Kraft, wirkt bislang nicht oder noch ausreichend gegen die Frankenaufwertung. Mittelfristig könnte der SNB eine Zinserhöhung in den USA Unterstützung bieten. Eine Zinserhöhung, die laut US-Notenbank noch in diesem Jahr über die Bühne gehen sollte. Das könnte den Franken abwerten, wie Zurbrügg erkennt: "Wir hoffen auf eine rasche Normalisierung der Zinssätze. Ein starker Dollar liegt sicher auch in unserem Interesse."

Fakt ist: Die Mehrzahl der Schweizer Exporte geht in den Euroraum. Doch auch ein stärkerer Dollar und damit die vielen an die US-Währung gekoppelten asiatischen Währungen könnten den Schweizer Exporteuren helfen. Ob aber eine kleine US-Zinserhöhung gleichbedeutend ist mit einem ganzen Zinserhöhungszyklus, ist derzeit sehr unsicher. "Es besteht eine gewisse Unsicherheit im Markt über die zukünftige Geldpolitik nicht bloss der EZB, sondern auch der US-Fed", so Zurbrügg zu cash. Dies zeige überdies die Nervosität in den Obligationenmärkten.

Seit Anfang Jahr hat die SNB ihre Aktienquote im Anlageportfolio von 15 auf 18 Prozent erhöht. "Das war keine Reaktion auf den 15. Januar", sagt Zurbrügg. "Wir überprüfen jedes Jahr unsere Anlagepolitik auch bezüglich Aktien, um zu schauen, ob wir etwas mehr Rendite erhalten. "Grundsätzlich beurteilt Zurgrügg die Aktienmärkte in der "allgemeinen Renditensuche und der jetzigen Zinssituation" Aktien noch immer als attraktiv. "Ich würde Ihnen allerdings nie sagen, ob ein Aktienmarkt über- oder unterbewertet ist." 

Die Nationalbank betreibt laut eigenen Angaben in ihrem Aktienportfolio keine Titelselektion, sondern investiert ausschliesslich indexnah. Die SNB ist heute in etwa 6000 Titel in über zehn Währungen investiert. Das Aktienuniversum deckt etwa 90 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ab. Die SNB investiert passiv, dass heisst sie bildet Aktienindizes ab, wobei zwecks Vermeidung von Interessenkonflikten sowohl nicht in mittlere und grosse Banken wie auch nicht in Schweizer Aktien investiert wird.

Die SNB habe "unglaubliche Möglichkeiten", die Anlagen zu diversifizieren, so Zurbrügg zu cash. "Wir haben 18 Prozent in Aktien investiert, das ist erstaunlich hoch für eine Nationalbank." Wegen dieser Möglichkeiten, die sich der SNB bieten, richtet sich Zurbrügg auch gegen die Idee eines Schweizer Staatfonds. Einen solchen hatten cash-Leser kürzlich in einer Online-Umfrage mit einer deutlichen Dreiviertel-Mehrheit gefordert.

Im cash-Video-Interview erläutert Fritz Zurbrügg detailliert seine Gründe gegen einen Staatsfonds und er beurteilt die Situation am Bond-Markt.