989'306 Personen sagten Ja zur Vorlage, 1'427'946 sprachen sich dagegen aus. Die Unternehmenssteuerreform III war von allen bürgerlichen Parteien, vom Bundesrat und von den Wirtschaftsverbänden unterstützt worden. Auch die Kantone hatten sich geschlossen hinter die Unternehmenssteuerreform III gestellt.

Doch fand sich nur gerade in Nidwalden, im Tessin, in der Waadt und mit 54,3% am deutlichsten in Zug eine Ja-Mehrheit. In den übrigen Kantonen war die Ablehnung teilweise sehr deutlich. In Bern sagten 68,4% Nein, im Jura 66,9% und in Solothurn 65,9%.

Über die Abschaffung der Steuerprivilegien für internationale Unternehmen waren sich Befürworter und Gegner noch einig gewesen. Der Linken sind die kantonalen Steuerregimes, dank derer im Ausland erzielte Gewinne tiefer besteuert werden können, seit jeher ein Dorn im Auge.

Die bürgerlichen Parteien unterstützten die Abschaffung, weil sie die Schweizer Wirtschaft aus der Schusslinie von EU und OECD nehmen wollten. Diese drohen jenen Ländern mit Sanktionen, die einen aggressiven und schädlichen Steuerwettbewerb betreiben.

Umstritten waren die Begleitmassnahmen. Die Räte hatten als Ersatz für die abgeschafften Privilegien ein Bündel neuer Steuervergünstigungen beschlossen. Um die internationale Akzeptanz zu sichern, sollten davon alle Unternehmen gleichermassen profitieren.

UMSTRITTENE "TOOLBOX"

Wichtigste Massnahme war der Zustupf, den die Kantone aus der Bundeskasse erhalten sollten. Damit hätten sie finanziellen Spielraum für eine flächendeckende Senkung des Gewinnsteuersatzes gehabt. Manche Kantone wollten die Steuerlast nahezu halbieren. Einzelne haben angekündigt, den Steuersatz unabhängig vom Abstimmungsresultat zu senken.

Auf Widerstand stiess vor allem der sogenannte Werkzeugkasten. Daraus sollten sich die Kantone nach Ermessen bedienen können, um massgeschneiderte Rahmenbedingungen für die ansässige Wirtschaft zu schaffen.

In der Patentbox hätten Erträge aus Patenten und anderen Immaterialgüterrechten privilegiert besteuert werden können. Die sogenannte Inputförderung erlaubte Steuerabzüge über die tatsächlichen Aufwendungen hinaus. Mit der zinsbereinigten Gewinnsteuer sollte ein fiktiver Zins auf nicht benötigtem Eigenkapital abgezogen werden können. Daneben waren günstige Bedingungen bei Aufdeckung stiller Reserven oder Ermässigungen bei der Kapitalsteuer geplant.

UNGEWISSE KONSEQUENZEN

Das Paket hätte den Bund gut eine Milliarde Franken gekostet, die Kantone je nach Umsetzung 2 bis 3 Mrd CHF. Für die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände wäre das angesichts der Alternativen verkraftbar gewesen.

Sie warnten davor, dass viele der rund 24'000 Unternehmen, die heute Steuerprivilegien geniessen, die Schweiz verlassen könnten. Der volkswirtschaftliche Schaden einer massenhaften Abwanderung wäre ohne Zweifel beträchtlich: Die Firmen stellen etwa 150'000 Arbeitsplätze und sind für rund die Hälfte der Gewinnsteuereinnahmen des Bundes verantwortlich. "Nichtstun wäre teurer", lautete daher die Losung.

SP, Grüne und die Gewerkschaften zweifeln daran, dass sich Unternehmen allein von steuerpolitischen Überlegungen leiten lassen. Ausserdem hatten sie von Anfang an darauf gedrängt, die Ausfälle auszugleichen, beispielsweise durch eine höhere Dividendenbesteuerung oder durch eine Kapitalgewinnsteuer. Ansonsten werde der Mittelstand die Zeche zahlen, warnten sie. Bei der Bildung, der Sicherheit oder der Kultur drohten einschneidende Einsparungen.

Die Gegner machten sich im Abstimmungskampf auch das Trauma der Unternehmenssteuerreform II zunutze. Die dadurch verursachten Steuerausfälle übersteigen die Prognosen des Bundesrats um ein Vielfaches. Auch die aktuelle Vorlage sei eine Blackbox, hiess es. Tatsächlich war der genaue Inhalt der Patentbox noch nicht festgelegt. Auch bei der zinsbereinigten Gewinnsteuer oder der Aufdeckung stiller Reserven gab es grosse Fragezeichen.

BÜRGERLICHE KRONZEUGEN

Im Parlament war die Linke mit ihren Argumenten unterlegen. Die Mehrheit der Bevölkerung jedoch teilte die Bedenken. Eine wichtige Rolle im Abstimmungskampf hatten jene Vertreter von Städten und Gemeinden gespielt, die vor dem Abbau öffentlicher Dienstleistungen warnten. Den Ausschlag gegeben haben dürften aber jene bürgerlichen Politikerinnen und Politiker, die sich auf die Seite der Gegner schlugen.

Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die die Reform selber aufgegleist hatte, kritisierte das Ergebnis als unausgewogen. Auch der ehemalige Solothurner FDP-Finanzdirektor Christian Wanner trat als Kronzeuge gegen die Vorlage auf. Später bildete sich ein Komitee bürgerlicher Politiker, die sich gegen die Unternehmenssteuerreform III zur Wehr setzten. Auf der anderen Seite kämpfte die baselstädtische SP-Finanzdirektorin Eva Herzog gegen ihre eigene Partei.

TEURE UNSICHERHEIT

Nach dem Nein ist nun zunächst der Bundesrat gefordert, und zwar gleich an zwei Fronten. Im Ausland muss er Zeit für einen neuen Anlauf herausschlagen. Ohne verbindliche Zusagen könnte der Standort Schweiz allein aufgrund der anhaltenden Rechtsunsicherheit Schaden nehmen. Setzen die EU oder die OECD die Schweiz wie angedroht auf eine schwarze Liste, wird die Zeche noch höher.

Im Inland muss der Bundesrat politische Mehrheiten für eine tragfähige Lösung finden. Die Gegner haben ihre Vorstellungen bereits skizziert. Sie sind bereit, beim Bund Steuerausfälle von maximal 500 Millionen Franken hinzunehmen. Sie glauben, dass eine neue Vorlage innerhalb von zwei bis drei Jahren verabschiedet werden kann. Laut Finanzminister Ueli Maurer kann eine solche nicht vor 2022 in Kraft gesetzt werden.

(AWP)