Die Lausanner Klima-Aktivisten hatten 2018 im Vorraum einer Bankfiliale gegen die Klimakrise demonstriert und Tennis gespielt. Die Staatsanwaltschaft sah darin einen Hausfriedensbruch. Der Einzelrichter sprach die Aktivisten jedoch vom Vorwurf frei, weil er in der Klimakrise einen "rechtfertigenden Notstand" sah.

Niggli hält dieses Urteil für verfehlt, wie er in einem Interview mit den "CH Media"-Zeitungen vom Samstag sagte. Rechtlich sei es schlicht falsch. Der Richter habe nicht das Recht betrieben, sondern Politik. "Im Prinzip müsste man ihn entlassen", sagte Niggli.

Bestrafung wäre zwingend gewesen

Wenn der Richter finde, die Aktivisten hätten verständliche Motive, hätte er eine minimale Strafe von einem Tagessatz von vielleicht 50 Franken aussprechen können. Es sei wesentlich, dass man nicht in das Haus einer Person eindringen könne, die das nicht möchte. Deshalb müsse bestraft werden, wer dieses Recht verletze.

Die Chancen beim Weiterzug des Urteils bezifferte Niggli auf 100 zu 0. Die nächste Instanz werde das Urteil korrigieren. Sonst müsste ein Gericht künftig gar nicht mehr ins Gesetz schauen, sondern nur noch beurteilen, ob es etwas für gut oder schlecht hält.

Leider gebe es eine Tendenz, dass sich die Justiz zunehmend für das Gute einsetze statt für das Recht. "Das ist extrem besorgniserregend, weil das nicht die Aufgabe der Justiz ist, sondern der Politik", so Niggli.

Dezidiert anderer Meinung

Der ehemalige Bundesrichter Niklaus Oberholzer hatte am letzten Dienstag in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen eine dezidiert andere Meinung vertreten. Er könne den Entscheid des Richters nachvollziehen, sagte Oberholzer.

Es sei sicher ein Urteil, das aufhorchen lasse und aus verständlichen Gründen Anlass zu Diskussionen gebe. Es sei aber die Aufgabe der Rechtsprechung, auf veränderte Situationen zu reagieren und sich einem Wandel anzupassen. Der Entscheid sei aber kein Freipass für irgendwelche Aktionen.

(AWP)