Falls danach bis zum 1. Januar noch immer kein Kompromiss gelingt, muss die EU vorerst mit Notbudgets arbeiten. Pro Monat stünde dann ein Zwölftel des Haushalts vom Vorjahr zur Verfügung. Vor allem für die Planung länger laufender Vorhaben ist dies ungünstig.

Grösster Streitpunkt in den Verhandlungen war nach Angaben von Diplomaten zuletzt die Frage, mit was für Mitteln Ausgabensteigerungen finanziert werden sollen. Die Vertreter des Europaparlaments wollten dafür mit einem neuen Instrument nicht abgerufene Gelder aus der Vergangenheit umschichten. Die EU-Staaten lehnten dies aber ab, weil sie befürchten, dass dies dann immer gefordert wird. Sie wollten die Mittel deswegen lieber anders finanzieren.

EU-Diplomaten zeigten sich verärgert über den Verlauf der Gespräche. "Die Vertreter des Europäischen Parlaments haben die Haushaltsverhandlungen heute erneut abgebrochen, obwohl eine Mehrheit im Rat bereit war, dem Europaparlament noch einmal sehr weit entgegen zu kommen", hiess es. Der Rat der Mitgliedsstaaten habe einem deutlichen Anstieg der Ausgaben zugestimmt und alles dafür getan, eine für alle akzeptable Lösung hinzubekommen. Umso bedauerlicher sei, dass das Europaparlament ganz offensichtlich nicht an einer Kompromisslösung interessiert sei.

Vertreter des Europaparlaments wiesen die Vorwürfe zurück. Sie betonten, dass sie den Mitgliedstaaten in den Verhandlungen schon bei der Finanzierung des zweiten Drei-Milliarden-Euro-Pakets für Syrien-Flüchtlinge in der Türkei enorm entgegengekommen seien. Im Gegenzug habe man nur erwartet, dass ein Haushaltsinstrument genutzt werde, das im Regelwerk vorhanden sei, hiess es. Die Mitgliedstaaten hätten daraus grundlos eine politische Prinzipienfrage gemacht.

Für die Deutschland sind die Haushaltsverhandlungen von besonderer Bedeutung. Die Bundesrepublik trägt als grösster Nettozahler der Union rund 20 Prozent zum EU-Etat bei. Die grössten Brocken im Haushalt sind Zahlungen an Landwirte und vergleichsweise arme Regionen in den EU-Ländern. Zudem finanziert die EU zum Beispiel Forschungsvorhaben und Projekte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Das Europaparlament war mit der Forderung in die Verhandlungen gegangen, im kommenden Jahr 149,3 Milliarden Euro für Auszahlungen zur Verfügung zu stellen. Die Mitgliedstaaten waren mit einem Gebot von 148,2 Milliarden Euro gestartet. Haushaltskommissar Oettinger hatte im Mai 149 Milliarden Euro an Mitteln für Zahlungen vorgeschlagen, was einem Plus von rund drei Prozent gegenüber 2018 entsprochen hätte./aha/DP/he

(AWP)