Die Mitglieder der im vergangenen Jahr gegründeten America First Secretary of State Coalition – eine Vereinigung von Innenministern der US-Bundesstaaten – haben sich einen Umbau des Wahlablaufes auf die Fahne geschrieben. Die Kongresswahl Anfang November könnte ihnen eine Gelegenheit dazu bieten. Das wiederum könnte erhebliche Folgen für die Präsidentenwahl 2024 haben, bei der möglicherweise auch der Republikaner Donald Trump antreten wird.
Es ist Trumps Vorwurf einer umfangreichen Wahlfälschung bei der Abstimmung 2020 - bis heute ohne belastbare Belege – die die Diskussion in den USA über die Änderung der Wahlmodalitäten befeuert. Diese werden auch bei den Wahlen auf Bundesebene von den einzelnen Bundesstaaten festgelegt. In den meisten von diesen überwacht der Innenminister – der "secretary of state", kurz "SOS" – die Wahl und zertifiziert das Ergebnis. Der Gouverneur des Bundesstaats segnet seinerseits die Wahlleute des siegreichen Kandidaten ab, die nach dem indirekten, mehr als 200 Jahre alten System formell ihre Stimme für den neuen Präsidenten abgeben.
Mit dem Vorschlaghammer gegen Wahlmaschinen
Das Problem nach Ansicht von Demokraten: Gleich mehrere Kandidaten der Republikaner für Gouverneursämter und Secretary-of-State-Posten teilen Trumps Darstellung, dass es bei der Abstimmung vor zwei Jahren nicht mit rechten Dingen zuging. In den USA werden sie als "election deniers" – wörtlich "Wahlleugner" – bezeichnet. Dies gilt insbesondere für republikanische Kandidaten in den Bundesstaaten Arizona, Michigan und Pennsylvania. In Arizona möchte etwa die von Trump unterstützte Republikanerin Kari Lake Gouverneurin werden. Sie taucht bei öffentlichen Veranstaltungen gerne mit einem Vorschlaghammer auf, mit dem sie Wahlmaschinen zertrümmern will. Lake zeigt sich überzeugt, dass den Maschinen eine Schlüsselrolle bei der von ihr behaupteten Manipulation der Ergebnisse von 2020 zukam.
Auch dafür sind keine belastbaren Belege vorgelegt worden. Experten weisen zudem darauf hin, dass eine Auszählung per Hand in den USA logistisch schlicht unmöglich sei, denn wegen der direkten Demokratie auf Landes- und Kommunalebene können die Wahlzettel mehrere Seiten mit Dutzenden Entscheidungen umfassen. Zudem würden zehntausende Wahlhelfer zusätzlich benötigt. Und das Ergebnis einer Auszählung per Hand dürfte eine höhere Fehlerquote haben als per Maschine. Die anderen Vorschläge könnten faktisch Millionen Wähler ihrer Stimme berauben, insbesondere solchen in den unteren Einkommensgruppen, die auf vorgezogene Stimmabgaben und Abstimmung per Brief angewiesen sind. US-Wahlen finden regelmässig an Dienstagen statt, frei bekommen Angestellte und Arbeiter dafür nicht automatisch.
Die Demokraten sehen daher hinter den geplanten Massnahmen ein anderes Anliegen. Sie werfen den Republikanern vor, Afroamerikanern und anderen Minderheiten, die traditionell eher die Demokraten wählen, die Stimmabgabe erschweren zu wollen.
Unklar ist allerdings, ob die republikanischen Innenminister und Gouverneure am Ende die Regeln nach ihren Wünschen ändern könnten. Auch die Vorstellungen, sie könnten schlicht die Zertifizierung unliebsamer Wahlergebnisse verweigern, wird angezweifelt. Sollten sie es doch versuchen, müssten sie mit einer Klagewelle rechnen. Allerdings würde das zumindest das Ergebnis der Wahl verzögern und wohl Chaos nach sich ziehen. Das nach der Präsidentschaftswahl von 2020 ohnehin schon erschütterte Vertrauen in das Wahlsystem könnte noch mehr untergraben werden. Nach dem Sturm auf das Kapitol am 06. Januar 2021 können auch neue Unruhen nicht ausgeschlossen werden.
(Reuters)