Ihre Truppen rückten weiter Richtung Osten in Gebiete vor, die russische Soldaten kürzlich aufgegeben hätten, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete derweil am Dienstag einen weiteren Angriff auf einen russisch-besetzten Ort in der strategisch wichtigen Region Luhansk, bei dem sieben Menschen getötet worden seien. Deren ukrainische Gouverneur Serhij Hajdaj, kündigte an, ganz Luhansk zurückerobern zu wollen. "Es wird um jeden Zentimeter gekämpft werden."
"Die Besatzer sind eindeutig in Panik", sagte Selenskyj in seiner täglichen Fernsehansprache am späten Montagabend. Er betonte, dass es jetzt auf Geschwindigkeit ankomme, um die befreiten Gebiete zu sichern und dort den normalen Alltag wieder herzustellen. Der Präsident signalisierte zudem, dass er seine für Mittwoch geplante Videoansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York dazu nutzen werde, sämtliche Staaten zu weiteren Waffen- und Hilfslieferungen aufzurufen. "Wir tun alles, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Ukraine auf allen Ebenen erfüllt werden - Verteidigung, Finanzen, Wirtschaft und Diplomatie."
Russlands einflussreicher Ex-Präsident Dmitri Medwedew rief im Gegenzug die Separatisten-Anführer in Luhansk und der benachbarten Region Donezk dazu auf, sich dabei abzustimmen, endlich Referenden über einen Beitritt zu Russland abzuhalten. Es sei wichtig, dass die beiden Regionen offiziell Teil Russlands würden, um ihre Interessen zu schützen. Auch lasse sich dadurch Russlands Einsatz militärischer Gewalt noch mehr rechtfertigen, denn ein Vordringen auf russisches Territorium sei ein Verbrechen, das den Einsatz "sämtlicher Selbstverteidigungskräfte" erlaube. "Das ist der Grund, warum Kiew und der Westen diese Referenden so fürchtet. Und das ist der Grund, warum sie abgehalten werden müssen."
Luhansk und Donezk bilden zusammen den Donbass in der Ukraine. Dort tobt seit 2014 ein Aufstand prorussischer Separatisten. Die vollständige Eroberung der Gebiete ist eines der erklärten Hauptziele des von Moskau als "Spezialoperation" bezeichneten Krieges gegen die Ukraine, der am 24. Februar begann. In den vergangenen Monaten verbuchte Russland in dem Gebiet eine Reihe wichtiger strategischer Erfolge, doch am Montag meldete die Ukraine die Rückeroberung der Luhansker Ortschaft Bilohoriwka. Diese liegt nur zehn Kilometer westlich von Lyssytschansk, ein strategisch wichtiger Ort, der im Sommer nach wochenlangen Gefechten von russischen Soldaten erobert worden war. Für Russland war das einer der wichtigsten militärischen Erfolge, da es damit die gesamte Kontrolle über die Region Luhansk für sich reklamierte.
Zuletzt feierte aber vor allem die Ukraine eine Reihe wichtiger Errungenschaften im Zuge ihrer blitzartig vorangetriebenen Gegenoffensive, insbesondere im Nordosten des Landes. Schwere Verluste erlitt Russland zudem bei Angriffen auf Stützpunkte seiner Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel Krim. Nach britischen Erkenntnissen verlegte Russland wohl vor allem deshalb einige U-Boote von Sewastopol in den mehrere Hundert Kilometer entfernten Hafen von Noworossijsk in Südrussland, wo sie womöglich außerhalb der Reichweite ukrainischer Waffen sein dürften.
(Reuters)