Nach jahrelangen Vorwürfen wegen mutmasslichen Missbrauchs von EU-Geldern und Verstössen gegen die Rechtsstaatlichkeit hatte die EU-Kommission am letzten Sonntag vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Zugleich hatte sie Budapest zwei Monate Zeit gegeben, um die Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.

Ein besonders heikler Fall sind die öffentlichen Stiftungen, denen die Orban-Regierung die meisten Universitäten des Landes zugespielt hat. In deren Kuratorien sitzen nahezu ausschliesslich Orban-loyale Persönlichkeiten, unter ihnen Minister und Staatssekretäre. Selbst nach einem Regierungswechsel könnten diese Personen nicht ausgetauscht werden.

Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass die Kuratoriumsmitglieder nicht an Stiftungsentscheidungen teilnehmen dürfen, bei denen sich für sie Interessenskonflikte auftun würden. Die Politiker müssten aber künftig nicht aus den Kuratorien ausscheiden, beeilte sich der ungarische EU-Chefverhandler Tibor Navracsics am Dienstag im TV-Sender ATV zu erklären. "Die EU-Kommission erwartet das nicht", sagte er. Navracsics sitzt selbst einer Stiftung vor, die die Pannon-Universität in der westungarischen Stadt Veszprem verwaltet.

Des weiteren bestimmt der Gesetzesentwurf, dass die ungarische Steuerbehörde NAV den Ermittlern der EU-Agentur Olaf Amtshilfe leisten wird. Unter anderen soll NAV den Olaf-Kollegen bei Ermittlungen in Ungarn Amtsräumlichkeiten zur Verfügung stellen und ihnen den Zugang zu den Datenbasen und Dokumenten des Finanzamts ermöglichen./gm/DP/men

(AWP)