Der Text der Volksinitiative "Wahrung der schweizerischen Neutralität (Neutralitätsinitiative)" und die Sammelfrist wurden am Dienstag im Bundesblatt veröffentlicht. Die "immerwährende und bewaffnete Neutralität" soll in der Verfassung verankert werden. Hinter der Initiative steht der neu gegründete Verein Pro Schweiz.

Die Schweiz darf gemäss dem vorgeschlagenen Artikel 54a keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten. Ausgenommen ist eine Zusammenarbeit mit solchen Bündnissen für den Fall eines direkten militärischen Angriffs auf die Schweiz.

Sanktionen stark eingeschränkt

Untersagt werden der Schweiz "nichtmilitärische Zwangsmassnahmen" gegen Krieg führende Staaten. An Sanktionen darf sie sich nicht mehr beteiligen und auch keine solchen treffen. Sanktionen, wie sie die EU nach dem Angriff auf die Ukraine gegen Russland beschlossen hat, dürfte die Schweiz gemäss Initiativtext nicht mehr übernehmen.

Aus dem Verbot ausgeklammert bleiben hingegen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der Uno. Die Schweiz soll mit eigenen Massnahmen auch verhindern dürfen, dass Sanktionen anderer Staaten umgangen werden können.

In der Verfassung verankern wollen die Initiantinnen und Initianten, dass die Schweiz die immerwährende Neutralität für das Verhindern und das Lösen von Konflikten nutzt. Sie soll zudem als Vermittlerin zur Verfügung stehen.

Blocher nicht im Komitee

In den vergangenen Monaten und Wochen hatte sich vor allem alt Bundesrat Christoph Blocher für die Neutralitätsinitiative starkgemacht. Zum Initiativkomitee gehört Blocher allerdings nicht. Diesem gehört unter anderem Stephan Rietiker an, der Präsident der neu gegründeten Anti-Europa-Bewegung Pro Schweiz.

Pro Schweiz wurde Mitte Oktober gegründet, im Beisein von Blocher. In dem neuen Verein gingen neben der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns), die Organisation "Nein zum schleichenden EU-Beitritt" und die "Unternehmer-Vereinigung gegen den EU-Beitritt" auf.

Einsitz haben im Komitee auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, die SVP-Nationalräte Walter Wobmann (SO) und Pierre-André Page (FR) - beide im Vorstand von Pro Schweiz - und der frühere SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (ZH). Vogt ist einer der Anwärter für den Sitz des zurücktretenden Bundesrats Ueli Maurer.

Neutralitätspolitik von 1993

Heute gibt die Bundesverfassung vor, dass Bundesrat und Parlament Massnahmen zur Wahrung der Neutralität der Schweiz zu treffen haben. Die Rechte und auch Pflichten eines neutralen Staates regelt das Neutralitätsrecht gemäss den Haager Abkommen von 1907, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) schreibt.

Der Bundesrat hält es nicht für zweckmässig, eine weitergehende Verankerung des Kerninhalts der Neutralität in die Verfassung und auch in Gesetze zu schreiben. Dies würde den sicherheits- und aussenpolitischen Spielraum der Schweiz einschränken.

Die aktuelle Neutralitätspolitik wurde 1993 definiert und wird seither praktiziert. Die geltende Praxis biete genug Spielraum, um auf Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zu reagieren, so der Bundesrat. Eine Neudefinition im Sinn der von Aussenminister Ignazio Cassis ins Spiel gebrachten "kooperativen Neutralität" lehnte er ab.

mk/

(AWP)