"Gemein" sei Kamala Harris, "schrecklich" und "respektlos", sagte der US-Präsident, unmittelbar nachdem sein designierter Herausforderer Joe Biden die schwarze Senatorin als seine Vize nominiert hatte. Und Trumps Wahlkampf-Team beeilte sich, die 55-Jährige als eine Person darzustellen, die den als moderat geltenden Biden auf einen scharfen Linkskurs bringen werde. Doch sieht es derzeit nicht danach aus, dass sich die Wählerinnen und Wähler davon überzeugen lassen, dass es sich bei der ehemaligen kalifornischen Generalstaatsanwältin um eine Radikale handelt. Vielmehr müssen Trump und seinem Team vorsichtig abwägen, an welchen Stellen sie Bidens "Running Mate" angreifen wollen.

Das liegt auch daran, dass Harris unter Trumps Republikanern beliebter ist als Biden. Laut einer jüngsten Reuters/Ipsos-Umfrage haben 21 Prozent der registrierten Wähler der Partei ein positives Bild von der studierten Juristin, deren Eltern aus Jamaika und Indien in die USA einwanderten. Biden kommt dort nur auf 13 Prozent.

Rassistische Attacken als Bumerang

Viel wichtiger aber dürfte sein, dass Attacken aus Trumps Lager auf die schwarze Politikerin, die als sexistisch oder rassistisch interpretiert werden könnten, bei einer wichtigen Wählergruppe zum Bumerang werden könnten: besser situierte Frauen, die oft in den städtischen Vororten leben. "Wenn er fremdenfeindliche Andeutungen gegen Kamala Harris macht, könnte das für den Präsidenten sehr problematisch werden", sagt etwa Neera Tanden, die einst Hillary Clinton in deren Wahlkampf gegen Trump beriet. Der Präsident könne sich keinen Fehler bei diesen Wählerinnen erlauben.

Der Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge hat Biden bei Frauen einen Vorsprung von zehn Prozentpunkten vor Trump, bei den "Vorstadt"-Frauen sind es sechs Punkte. Insgesamt liegt Biden knapp drei Monate vor der Wahl elf Prozentpunkte vor Trump.

Die Meinungsforscherin Sarah Longwell geht davon aus, dass Trumps Berater dem für seine unkalkulierbaren Angriffe auf Rivalen bekannten Präsidenten deshalb Zurückhaltung empfehlen werden - zumindest so lange, bis sie den Eindruck haben, dass Harris bei den entsprechenden Frauen mit Skepsis beäugt wird. Aktuell gebe es aber keine Anzeichen dafür, dass Harris bei dieser Wählergruppe in ungünstigem Licht stehe - eher im Gegenteil.

(Reuters)