So gut wie sicher scheint, dass Amtsinhaber Donald Trump 2020 erneut für die Republikaner antritt. Bei den Demokraten drängt sich dagegen kein klarer Favorit für die Kandidatur auf. Zwar sieht sich die Partei im Aufwind, nachdem sie am Dienstag die Mehrheit in einer der beiden Kongresskammern - dem Repräsentantenhaus - erobern konnte. Doch nach wie vor lecken die Demokraten ihre Wunden nach der überraschenden Niederlage Hillary Clintons vor zwei Jahren gegen den politischen Quereinsteiger Trump.

Seitdem hat sich die Diskussion der Demokraten über die künftige politische Stossrichtung verschärft. Während Clinton bei den parteiinternen Vorwahlen als verlässliche Vertreterin des Partei-Establishments um die Kandidatur buhlte, entpuppte sich Senator Bernie Sanders mit seinen Forderungen nach einem Linksruck als ihr schärfster Rivale. Diese beiden Pole zusammenzubringen, dürfte für die nächsten Bewerber die grösste Herausforderung sein.

Sie müssen ausloten, wie weit links sie sich positionieren können, ohne zu riskieren, Wähler in der Mitte zu verprellen und eine landesweite Wahl zu verlieren. "Das wird 2020 der Trick sein", sagt der Abgeordnete Tim Ryan aus Ohio: "Kannst Du die Person sein, die eine Koalition zusammenstellt und sie auch zusammenhält?"

Ryan ist einer von mehr als zwei Dutzend potenziellen Anwärter auf das Kandidatenticket, die sich in den kommenden Wochen und Monaten in Stellung bringen dürften. Darunter sind altgediente prominente Demokraten wie Ex-Vizepräsident Joe Biden (75), Sanders (77) und Senatorin Elizabeth Warren (69). Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters und des Meinungsforschungsinstituts Ipsos erhält Biden derzeit mit 29 Prozent den meisten Zuspruch, gefolgt von Sanders mit 22 Prozent. Würde heute ein Präsident gewählt, würden sie der Erhebung zufolge ein Duell mit Trump beide jeweils gewinnen.

Viele neue Gesichter

Aber auch viele neue oder weniger bekannte Gesichter werden als potenzielle Bewerber für die Kandidatur gehandelt. Dazu zählen linke Politiker wie Andrew Gillum, der der erste afroamerikanische Gouverneur von Florida werden wollte. Oder Hoffnungsträger wie Beto O'Rourke, der in Texas mit seiner Senatskandidatur eine Welle der Begeisterung auslöste, die ihn weit über die Grenzen der Republikaner-Hochburg hinaus Aufmerksamkeit bescherte. Zwar blieben die Sensationen am Dienstag aus, beide konnten sich nicht durchsetzen. Dennoch ist sich Neera Tanden vom linksgerichteten Center for American Progress sicher: "Das Modell für 2020 ist Andrew Gillum und Beto O'Rourke."

Die Demokraten setzen weiterhin auf die Verärgerung vieler Wähler über Trump. Und das besonders bei Frauen und jungen Wählern, die den Demokraten neben den Hispanics am Dienstag zum Wahlerfolg verhalfen. "Wir haben ein ganzes Universum von unter 40-jährigen Frauen und Wählern in den Vorstädten, die so angefressen sind von Trump, dass sie scharenweise zur Wahl gehen und die Basis organisch unter Strom setzen", sagt Wahlstratege John Anzalone, der für Clinton und Ex-Präsident Barack Obama arbeitete.

Nicht zuletzt die #MeToo-Bewegung motivierte bereits diesmal so viele Frauen wie nie zuvor, sich um einen Sitz im Kongress zu bewerben. Und das zeichnet sich bei den Demokraten auch für die Präsidentschaftswahl 2020 ab. Genannt werden etwa neben Warren die Senatorinnen Kamala Harris, Kirsten Gillibrand und Amy Klobuchar. Am Ende gehe es darum, die richtige Person zu finden, die Trump schlagen und das Land wieder einen könne, sagt Clintons PR-Managerin von 2016, Jennifer Palmieri.

Dass Trump wieder antritt, scheint dieser Tage ausser Frage. Bereits am Tag seiner Amtseinführung stellte er umgehend den Antrag auf Wiederwahl. Er hat auch schon einen Wahlkampf-Slogan: Nach "Make America Great Again" wirbt er jetzt mit "Keep America Great" für sich. Echte Konkurrenz aus dem eigenen Lager muss er nicht fürchten, sagt Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell.

(Reuters)