Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

 

Ich bin auch für eine Bekämpfung des Missbrauchs durch Versicherte. Noch mehr bin ich aber für eine Bekämpfung des Missbrauchs durch Versicherungen. Ich spreche hier nicht von der IV. Ich spreche von den Unfallversicherern. Sie missbrauchen ihre Macht aufs gröbste.

Ich nenne ein konkretes Beispiel: Beim Montieren eines 100 Kilogramm schweren Ventilators ist einem Mechaniker das Ding auf die Schulter gefallen. Das MRI verrät, dass mehrere Sehnen gerissen sind. Die Schulter muss operiert werden, und der Mann ist seit über einem Jahr zu 50 Prozent krank geschrieben.

Als wäre das der Schererei nicht genug, erhält der halb arbeitsunfähige Mann von der Unfallversicherung einen Brief, wonach schon vor dem Unfall ein krankhafter Zustand geherrscht habe. Oder im O-Ton der Versicherung: «Der stationäre Eingriff ist überwiegend wahrscheinlich auf degenerative Veränderungen zurückzuführen.»

Besagter Mechaniker hat Einspruch erhoben, aber von der Versicherung noch keine Antwort erhalten. Deshalb will ich hier wegen des laufenden Verfahrens keine Namen nennen. Aber das Vorgehen der Versicherung hat System. Man lehnt ganz einfach mal die Leistungen ab und wartet, was passiert. Dies in der Hoffnung, dass der Versicherte nur die Faust im Sack macht.

So bleiben die Kosten bei der Krankenkasse hängen – aber nicht die vollen Kosten. Der Unfallversicherte muss Franchise und Selbstbehalt selber berappen. Unfälle sind besser versichert als Krankheiten.

Die Krankenkasse könnte zwar Einspruch erheben, lässt es aber meistens sein. Für sie lohnt sich der Aufwand nicht, wenn die Kosten eh über die obligatorische Grundversicherung bezahlt werden, wo sie keinen Gewinn machen kann. Anders verhielte es sich, wenn eine Spitalzusatzversicherung belastet würde.

Dass die Unfallversicherungen das Vorliegen der Voraussetzungen eines Unfalls ohne nähere Begründung pauschal verneinen, ist auch dem Ombudsmann der Privatversicherer und der Suva aufgefallen. Im Geschäftsbericht 2017 steht wörtlich: «Wir beobachteten in diesem Jahr eine Zunahme der Fälle, in welchen der Unfallversicherer zunächst die Leistungspflicht bejahte, als dann eine kostspielige Behandlung wie zum Beispiel eine Operation anstand, nach ergänzenden Abklärungen die weitere Leistungspflicht mit der Begründung verneinte, sie seien nicht mehr kausal.»

Am 25. November stimmen wir über das Observationsgesetz ab. Danach dürften nicht nur die IV, sondern auch die Unfallversicherer Detektive losschicken. Wollen wir das? 

Der Betrugsleiter einer grösseren Versicherung sagte mir kürzlich, die Unfallversicherer seien gar nicht auf Observationen angewiesen. Mit den heutigen Mitteln der Datenanalyse all der sozialen Medien gäbe es heute effizientere und kostengünstigere Methoden, um Missbräuche aufzudecken.