Hintergrund ist ein Bericht der "Financial Times", wonach ein geplantes britisches Gesetz den vor dem britischen EU-Austritt im Januar ratifizierten Vertrag in Frage stellen könnte. Dabei geht es um die Klauseln, die eine harte Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland vermeiden sollen.

Im Austrittsabkommen hatte London akzeptiert, Subventionen für Unternehmen bei der EU anzumelden, sofern sie Geschäfte in Nordirland betreffen. Zudem müssen nordirische Unternehmen Exporterklärungen abgeben, wenn sie Güter aufs britische Festland bringen wollen.

Laut "Financial Times" würde das von der britischen Regierung geplante sogenannte Binnenmarktgesetz diese vertraglichen Zusagen teilweise aushebeln. Das Blatt beruft sich auf Personen, die die Pläne kennen. Beschlossen werden sollen sie aber erst im Herbst.

Ein Sprecher der britischen Regierung rechtfertigte die Pläne am Montag und bestätigte damit den Bericht: Man müsse sich auf ungewollte Konsequenzen des Austrittsabkommens vorbereiten und sei es den Menschen in Nordirland schuldig, sie vor solchen zu bewahren. Dies stehe aber nicht der Tatsache im Wege, dass man weiter an einem Abkommen mit der EU arbeite.

Brexit-Befürworter in London stossen sich seit jeher an Sonderregeln für Nordirland, weil sie eine Abkopplung der Provinz vom übrigen Vereinigten Königreich befürchten. Premierminister Boris Johnson liess sich im Austrittsvertrag dennoch darauf ein, da sonst Kontrollen an der inneririschen Grenze nötig wären. Das wiederum widerspräche dem Karfreitags-Friedensabkommen für Nordirland.

Die EU-Seite hatte zuletzt ohnehin die schleppende Umsetzung des Austrittsabkommens beklagt. Zu dem Bericht in der "FT" erklärte ein EU-Diplomat am Montag: "Pacta sunt servanda - Verträge müssen eingehalten werden - das ist ein fundamentales Prinzip des internationalen Rechts." Und er warnte: "Wer würde noch Handelsabkommen mit einem Land abschliessen wollen, das internationale Verträge nicht umsetzt?"

Grossbritannien ist im Januar aus der EU ausgetreten. In einer Übergangszeit bis Jahresende gelten aber noch alle EU-Regeln. Beide Seiten verhandeln ab Dienstag wieder über ein Anschlussabkommen. Eine Einigung ist nicht in Sicht und der Ton wird schärfer./vsr/DP/zb

(AWP)