In der Regel zucken Reiseverantwortliche zusammen, wenn Meldungen über unvorhergesehene politische Ereignisse über die Newsticker laufen. Denn die News verheissen für die Tourismusbranche meist nichts gutes fürs Geschäft. Das geschah in den letzten Jahren immer wieder mit der Destination Ägypten, aber zwischendurch auch mal mit der Türkei.

Doch es gibt auch positive Ausnahmen für die Tourismusbranche. Eine solche ist Kuba. Das politische Tauwetter zwischen Kuba und den USA, jahrzehntelange ideologische Klassenfeinde, lockt in diesem Jahr deutlich mehr Schweizer auf die kommunistisch regierte Karibikinsel. Und spült den Reiseveranstalter unerwarteten Umsatz in die Bücher. 

Beispiel Hotelplan Suisse: "Wir stehen momentan für Kuba-Buchungen im hohen zweistelligen Plusbereich gegenüber Vorjahr. Kuba gehört klar zu den beliebtesten Destinationen im Langstreckenbereich, und die Destination hat an Beliebtheit markant zugenommen", sagt Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir auf Anfrage von cash.

Bei Individualreisenden gefragt

Für die Zunahme der Buchungen sei vor allem die Hotelplan-Individual-Reisemarke Travelhouse/Salinatours verantwortlich. Denn bloss vierzehntägige Ferien am Badeort Varadero (etwa 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Havanna) würden kaum gebucht, so Huguenin-dit-Lenoir, obwohl dies natürlich angeboten werde. "Bei uns werden über 90 Prozent aller Kuba-Buchungen als individuelle Mietwagen-Rundreise oder geführte Rundreise verkauft". Höchstens danach würden noch ein paar Tage Badeferien angehängt. 

Auch Globetrotter, traditionell ein Anbieter für Reisen abseits des Mainstreams, spürt den Kuba-Hype. Der Reiseveranstalter konnte bislang im 2015 rund 10 Prozent mehr Kuba-Kunden verbuchen als in der gleichen Buchungsperiode im Vorjahr, sagt Nick Gerber, Head of Products bei Globetrotter. Ein ähnliches Wachstum verzeichnet auch Tui Suisse, wie Sprecher Roland Schmid sagt.

Kuoni spürt "einen leichten Zuwachs" bei der Destination Kuba. "Die Buchungszunahme ist auf das Kundenbedürfnis zurückzuführen, das alte Kuba zu sehen", erklärt Sprecher Julian Chan den Kuba-Boom.

Torschlusspanik bei den Touristen

Tatsächlich stellt sich mit dem Tauwetter zwischen dem karibischen Inselstaat und den USA bei den Touristen so etwas wie Torschlusspanik ein. Die Touristen wollen einmal (oder nochmals) in die alte kommunistische Welt eintauchen, den morbiden Charme von Havannas zerfallender Altstadt fühlen, die verwilderten Kolonialvillen im Stadtteil Vedado anschauen und die herumkurvenenden US-Oldtimer (zumeist mit russischen Motoren) bestaunen. Denn nachher, so sagen viele Reisende, stehe eine "US-Invasion" und "Kommerzialisierung" an, nach der man das Land nicht mehr wiedererkennen werde.

Denn vor der kubanischen Revolution im Jahr 1959 war Havanna und Kuba fest in amerikansicher Hand. Die USA unterstützten den kubanischen Diktator Fulgencio Batista. Täglich legten zwischen Florida und Kuba Fähren ab. Amerikanische Touristen besuchten Hotels und Casinos in Havanna, Kubaner unternahmen abendliche Einkaufstrips in die USA. 

Ob nun eine westliche Invasion von Kommerz und Industrialisierung tatsächlich so schnell kommt, wie viele Kuba-Romantiker befürchten, ist allerdings mehr als fraglich. Das Ende des kommunistischen Regimes und der Wandel in Kuba wurde in den letzten 54 Jahren schon des Öfteren herbeigeschrieben. Passiert ist nicht viel.

Auch auf US-Seite gibt es Hindernisse: Über die Aufhebung des seit 1962 bestehenden US-Wirtschaftsembargos gegen Kuba kann nur der US-Kongress befinden. Und dort haben die Republikaner die Mehrheit, welche einem Tauwetter zwischen Kuba und den USA traditionell skeptisch gegenüberstehen.