In der Schweiz gilt nach wie vor: Frauen gehen mit 64 Jahren in Pension, Männer ein Lebensjahr später. Und doch wollen die meisten schon vorher mit Arbeiten aufhören. "Der Wunsch nach einer Frühpensionierung ist bei fast allen da", sagt Andreas Lichtensteiger, Geschäftsführer des Finanzplanungsunternehmens Vermögenspartner und Vorsorgespezialist, im cash-Talk

Eine Frühpensionierung ist allerdings vor allem eines: Schlicht teuer. Wer früher als regulär aufhört zu arbeiten, muss mit bedeutenden finanziellen Einbussen fertig werden können. Die wichtigsten Kostenfaktoren bei der Frühpensionierung sind:

  • Die Kürzung der Pensionskassenrente. Die Pension muss länger ausbezahlt werden, was zu einem tieferen Umwandlungssatz führt: Der Prozentsatz vom Altersguthaben, der für die jährliche Rentenberechnung verwendet wird, liegt tiefer. 
  • Es wird weniger lang in die Pensionskasse einbezahlt. Es häuft sich weniger Kapital an und damit fällt weniger Rendite auf dem Pensionskassenvermögen an. Dies fällt umsomehr ins Gewicht, weil die Beiträge in den Jahren vor der Pensionierung am höchsten sind.
  • Der Verzehr des Vermögens fängt früher an.
  • Die erste Säule, also die AHV, kann ein oder zwei Jahre vor dem ordentlichen Pensionsalter bezogen werden. Für jedes vorbezogene Jahr wird die AHV-Rente aber um 6,8 Prozent gekürzt. Die Beiträge müssen aber weiter bis zum regulären Pensionsalter bezahlt werden, was auch Kosten verursacht. 

Ein weiterer Punkt, der die finanzielle Last einer Frühpensionierung beeinflusst, sind die tiefen Zinsen. Die Leistungen der Pensionskassen sinken immer weiter. Vor allem jüngere Leute müssen deswegen mit einem deutlich tieferen Altersvermögen rechnen. Wer erst vor rund zehn Jahren ins Erwerbsleben eingestiegen ist, hat Pensionskassenguthaben im historischen Vergleich nur noch tief verzinst bekommen. 

Nicht zu spät mit Planung anfangen

Angesichts dieser Belastungen kann man sich eigentlich nicht früh genug mit der Altervorsorge beschäftigen, wie Lichtensteiger sagt. Der zentrale Weg, Vermögen und Kapital aufzubauen, besteht aus der dritten Säule, individuellem Anlegen und persönlichem Sparen. Wer schon früh einen solchen Vermögensaufbau betreibt, hat es später bei der Frage nach der Frühpensionierung leichter. Zehn Jahre vor dem gewünschten Antritt der Rente muss dann mit der Planung definitiv ernst gemacht werden: "Das ist spätestens mit dem Alter 55", sagt Lichtensteiger. 

Aktuell hören etwa 60 Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz auf die eine oder andere Weise früher auf zu arbeiten als vorgesehen. Im Schnitt beträgt das Pensionsalter jener, die mit 65 in Rente gehen dürften, bei 63,5 Jahren. 

In einer Umfrage, welche die Raiffeisenbanken in der vorigen Woche präsentiert hatten, kam aber ein ernüchterndes Bild zustande: Immer weniger Arbeitstätige glauben an eine mögliche Frühpensionierung. Diese Einschätzung geht einher mit einem laufend sinkenden Vertrauen in die Pensionskasse, die als zweite Säule des Schweizer Vorsorgesystems für einen grossen Teil der Bevölkerung der wichtigste Teil der Altersvorsorge sind. 

 

 

Die heute relative hohe Zahl an Frühpensionierungen liegt allerdings auch daran, dass viele Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer unfreiwillig früher in Rente gehen. Dies passiert, wenn sie ihre Stelle verlieren und keinen neuen Job mehr finden: "Wir erleben immer mehr, dass Arbeitnehmer zwangs-frühpensioniert werden, und das sind oft schwere Schicksale."

Teilpensionierung mit finanziellen Vorteilen

Die freiwillige, selbst gewählte Frühpensionierung könnten sich leider viele nicht leisten, wie Lichtensteiger sagt: "Der Grund ist aber wirklich, dass man sich keine Gedanken über die Altersvorsorge gemacht hat - oder viel zu spät." Eine denkbare Alternative ist, sich schrittweise aus dem Arbeitsleben zu verabschieden.

Statt mit 63 Jahren in Frühpension zu gehen und zwei volle Beitragsjahre zu verlieren, ist es eine Überlegung wert, nach dem 60. Lebensjahr das Arbeitspensum auf beispielweise 50 Prozent zu reduzieren. Dies braucht natürlich das O.K. des Arbeitgebers. Wer den Weg der Teilpensionierung geht, profitiert finanziell davon, dass er Mitglied einer Pensionskasse bliebt, zumindest, solange der Lohn über 21'330 Franken liegt.

Die noch verbleibenden AHV-Beiträge erfolgen regulär und müssen nicht wie bei einer vollständigen Frühpensionierung aus dem Kapital heraus einbezahlt werden. Darüberhinaus sind bei einer Teilpensionierung auch Säule-3a-Beiträge immer noch möglich, denn diese setzen ein Arbeitsverhältnis voraus. 

Aus Lichtensteigers Sicht gibt es zwei weitere Vorteile bei einer Teilpensionierung: Erstens, der Übergang in die Pension findet nicht abrupt statt - "Zweitens, man hat die Auswahl Rente oder Kapitalbezug mehrmals, und das hat auch steuerliche Vorteile." Teilpensionierungen würden aktuell klar mehr und mehr gewünscht. Zu beachten gilt aber genauso: "Auch während der Teilpensionierungsphase fehlt ein gewisser Teil des Einkommens, und somit heisst es auch hier, dass frühzeitig geplant werden muss."

Im cash-Talk spricht Andreas Lichtensteiger auch über das Thema Überbrückungsrente: Wer kann eine solche beziehen, auf welche Punkte muss man dabei achten? Zudem gibt der Vorsorgespezialist eine Antwort die die Frage, ob man mit einer Frühpensionierung einer drohenden Senkung beim Umwandlungssatz entgehen kann.

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