Der international für seine scharfe Asylpolitik bekannte Kurz gilt nach der Übernahme des Parteivorsitzes der konservativen ÖVP als Favorit im Rennen um das Kanzleramt, das bei der Nationalratswahl am Sonntag entschieden wird. Der gebürtige Wiener, der im Mai auf den zurückgetretenen Parteichef Reinhold Mitterlehner folgte, gilt als politisches Ausnahmetalent. Anfangs von vielen noch belächelt, mauserte er sich innerhalb weniger Jahre zur Kanzler-Hoffnung seiner Partei.

Nachdem Kurz das Ruder übernommen hatte, schnellten die Umfragewerte für die zuvor strauchelnde Volkspartei schlagartig auf Platz eins in die Höhe. Jäh beendet wurde damit auch der Höhenflug der rechtspopulistischen FPÖ, die nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise über viele Monate die Umfragen anführte. Die Erwartungen der Parteifreunde von Kurz für die Parlamentswahl am Sonntag sind hoch. Schliesslich verfügt ihr Spitzenkandidat über die mit Abstand höchsten Popularitätswerte aller Politiker in Österreich.

Als ersten Schritt nach der Übernahme der Parteiführung forderte Kurz Neuwahlen und brachte damit die Grosse Koalition aus SPÖ und ÖVP zum platzen. Regulär wären die nächsten Wahlen im Herbst 2018 geplant gewesen. Die rot-schwarze Koalition stritt seit Monaten über die Umsetzung des Regierungsabkommens und blockierte sich gegenseitig. In einem TV-Duell im Wahlkampf erklärte Kurz, dass er ganz bewusst die Regierung aufgelöst habe, weil er der Überzeugung sei, dass diese nicht die Kraft habe, die derzeitigen Probleme zu lösen.

«In ein rechtes Eck gerückt»

Da das Verhältnis der beiden Parteien mittlerweile als zerrüttet gilt, ist eine Neuauflage der Koalition so gut wie auszuschliessen. Politologen sind sicher, dass stattdessen die FPÖ gute Chancen habe, in die Regierung zu kommen. Kurz kündigte jedenfalls an, mit allen Parteien über eine Koalition sprechen zu wollen.

Über die Landesgrenzen hinweg bekannt wurde Kurz für seinen scharfen Asylkurs. Im Wahlkampf wurde er nicht müde zu betonen, dass er massgeblich für die Schliessung der Balkanroute im März 2016 verantwortlich gewesen sei. Die Blockade der Flüchtlingsroute von der Türkei in Richtung Nordwesteuropa sorgte für deutlich sinkende Migrationszahlen in Österreich und Deutschland.

Sohn eines Mechanikers

Kurz bezeichnet dies als seinen grössten politischen Erfolg. Das US-Magazin "Time" listete den Österreicher daraufhin als "Staatsmann der neuen Art" unter die "zehn Führungspersönlichkeiten der nächsten Generation". "In deutschen Medien bin ich hingegen in ein rechtes Eck gerückt und kritisiert worden", sagte Kurz am Dienstagabend in einem Fernsehduell mit seinem Kontrahenten, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Kurz wuchs als Sohn einer Lehrerin und eines Mechanikers im Wiener Bezirk Meidling auf. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Rechtswissenschaften, was er bis heute aber nicht abgeschlossen hat. Schon früh interessiert er sich für Politik und schliesst sich der Jungen ÖVP an. 2010 wurde er Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat, bis er 2011 zum Staatssekretär für Integration ernannt wurde. 2013 wurde er Aussenminister und damit der jüngste EU-Politiker in diesem Amt. Bei öffentlichen Auftritten und Interviews präsentiert er sich selbstsicher und mit geschliffener Rhetorik.

Von Karikaturisten wird Kurz, der sich stets mit penibel nach hinten gekämmten Haaren zeigt, gerne mit grossen Segelohren gezeichnet. Sein Privatleben möchte er gerne möglichst bedeckt halten. Seine langjährige Freundin Susanne Thier hielt sich bei öffentlichen Auftritten bislang sehr im Hintergrund.

(Reuters)