"Das, was wir jetzt schon haben, ist dramatisch genug", sagte Neira. Bei sieben Millionen Todesfällen durch Luftverschmutzung, Hunderttausenden Hitzetoten und Krankenhäusern voller chronisch Kranker bei einer bisherigen Erderwärmung von etwa 1,2 Grad sei es gegen jeden menschlichen Verstand, Szenarien jenseits von 1,5 Grad überhaupt in Erwägung zu ziehen. Bei einem blutenden Patienten würde man ja auch nicht die Wunden weiter aufreissen. Sollte das 1,5-Grad-Ziel gerissen werden, warnte Neira: "Erwarten Sie nicht, gesund zu bleiben."
Unterstützt wurde ihr Appell von Ärztinnen, Pflegern und Medizinstudenten, die am Mittwoch am Rande der Verhandlungen auf dem Gelände des Klimagipfels symbolische Tode starben - unter anderem an Hitzeschocks, Leberversagen, Luftverschmutzung oder Traumata durch Naturkatastrophen. "Wenn 1,5 Grad stirbt, sterben auch unsere Patienten", warnten die aus den Niederlanden, Indien, Malaysia, Südafrika und anderen Ländern angereisten Mediziner.
Sie fordern den schnellen Ausstieg aus fossilen Energien und schlossen sich der Forderung eines Vertrag über die Nichtverbreitung von Öl, Gas und Kohle an - in Anlehnung an den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Atomwaffensperrvertrag). Auch die WHO stelle sich hinter diesen Vorschlag, betonte Neira. "Jemand muss den Hahn zudrehen", sagte sie mit Blick auf die noch immer steigenden Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase./swe/DP/jha
(AWP)