Die Kolumne "Gopfried Stutz" erschien zuerst im 

 

Ganz viele Probleme sind dem Babyboomer-Effekt zuzuschreiben: steigende Krankenkassenprämien; Lücken in der AHV; Querfinanzierung von Jung zu Alt in der beruflichen Vorsorge, Fachkräftemangel.

Auch beim Wohneigentum gibt es einen Babyboomer-Effekt: Mehr als die Hälfte aller privat gehaltenen Immobilien ist im Besitz der über 60-Jährigen. Dies sagte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) diese Woche an einer Medienorientierung. Aufgrund ihrer Studie dürften im Kanton Zürich in den nächsten 25 Jahren rund 30'000 Einfamlienhäuser und 100'000 Wohnungen allein von den Über-60-Jährigen auf den Markt kommen.

Diese Schätzung ist vor dem Hintergrund der stetig steigenden Immobilienpreise zu sehen, die es Mittelstandsfamilien kaum mehr möglich macht, Wohneigentum zu erwerben. Die genannten Zahlen gelten zwar nur für den Kanton Zürich, aber man darf davon ausgehen, dass schweizweit vergleichbare Tendenzen bestehen.

Derzeit haben wir einen ausgeprägten Verkäufermarkt, sodass Verkäufer bei den Verhandlungen am längeren Hebel sitzen. Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Die Preise steigen. Wenn aber die grosse Zahl der Jahrgänge 1946 bis 1964 oder ihre Nachkommen die Häuser verkaufen, so könnte der Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt mutieren. Der Druck auf die Preise wäre die logische Konsequenz.

Für eine junge Familie ist das ein kleiner Trost: Man will mit dem Kauf von Wohneigentum nicht 20 Jahre warten, bis die Kinder ausgezogen sind. Die Jüngsten der Babyboomer-Generation haben Jahrgang 1964. Sie sind also erst 57 Jahre alt und wohnen im Schnitt wohl noch weitere 20 Jahre im trauten Heim.

In 20 Jahren kann viel passieren: Steigen die Zinsen, so werden die Häuserpreise eh einbrechen. Und vielleicht wird die Einwanderung, die massgeblich zu den Preissteigerungen beiträgt, tatsächlich mal gedrosselt, wie es das Stimmvolk an der Urne gefordert hat. Womöglich taucht plötzlich irgendein anderes Phänomen auf, das niemand auf dem Radar hatte.

Die Corona-Pandemie ist ein solches Phänomen. Dank der bundesrätlich verordneten Homeoffice-Pflicht ist mancher Arbeitgeber auf den Geschmack gekommen, Bürofläche einzusparen. Das Homeoffice ist zwar keine neue Errungenschaft. Es ist aber davon auszugehen, dass sich der Trend zu mehr Heimarbeit aufgrund der nun gemachten Erfahrungen verstärkt und die Umnutzung von Büro- in Wohnliegenschaften weiter zunimmt: Laut ZKB sind seit 2015 in 227 Bürogebäuden 1314 Wohnungen entstanden; 219 Wohnungen pro Jahr. Zusätzlich wurden Bürogebäude abgerissen und am gleichen Standort Wohnblöcke hingestellt.

Je mehr Wohnraum geschaffen wird, desto grösser der Druck auf die Preise. Dies aber nur, wenn sich Zuwanderung und Abwanderung die Waage halten. Davon ist aber immer noch nichts zu sehen. Selbst im Corona-Jahr 2020 ist die Bevölkerung in der Schweiz angestiegen.