Kunden aus dem Mittleren Osten, der immer wieder politische Ausschläge erlebe, stünden dem Genfer Finanzplatz schon immer nahe, sagte Yves Mirabaud, der Präsident des Verbandes Genève Place Financière in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung "Le Matin Dimanche". Derzeit erlebe Saudi-Arabien einen solchen Ausschlag.

"Wir haben sehr strenge Gesetze in Bezug auf die Behandlung von Kunden, die einem Staat nahestehen, die als politisch exponierte Personen (im Fachjargon PEP abgekürzt) eingestuft werden, sagte Mirabaud.

Jede Bank müsse diese Kundschaft genau kennen. Das heisst, sie müsse wissen, wer hinter jedem Konto stehe, woher die Gelder kämen, und die Kunden regelmässig im Blick behalten.

NOCH KEIN RECHTSHILFEGESUCH

Die saudi-arabische Regierung habe die Möglichkeit, Rechtshilfegesuche an die Schweiz zu senden, sagte Mirabaud: "Dies hat sie aber meines Wissens bis heute nicht getan."

Der Ruf von Personen könne sich als sehr schwankend erweisen, sagte Mirabaud. Es komme vor, dass als ehrenhaft angesehene Personen plötzlich durch eine politische Entscheidung in Ungnade fielen und dann ihren Ruf verlören. Nur weil es einen Staatsstreich oder eine Revolution gebe, seien nicht plötzlich alle Kunden aus diesem Land Kriminelle, sagte der Genfer Bankier.

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman hat seine Macht deutlich ausgebaut und Anfang November im Rahmen von Anti-Korruptionsermittlungen rund 200 Mitglieder der königlichen Familie, Minister und Beamte festnehmen lassen.

BUNDESANWALTSCHAFT PRÜFT

Im Zuge der Festnahmen haben sich Schweizer Banken an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) gewandt. Die Bundesanwaltschaft spricht von mehreren eingegangenen Meldungen, die geprüft würden. Es seien aber noch keine Vermögenswerte blockiert oder Strafverfahren eröffnet worden, erklärte die Bundesanwaltschaft vergangenen Montag.

Die Banken stünden in Bezug auf politisch exponierte Kunden in einem ständigen Dialog mit der Finanzmarktaufsicht Finma, erklärte Mirabaud weiter. Heute habe man über sie viel weiter gehende Kenntnisse als noch vor einigen Jahren. Diese Kundschaft im Auge zu behalten ähnle einer Polizeiuntersuchung. In komplexen Fällen würden die Banken Analysefirmen beiziehen.

(AWP)