In einem Reuters seit Samstag vorliegenden Brief an die verbliebene Belegschaft schreibt Michael Jaffe von zwei Bietern, die derzeit die Bücher von Wirecard prüften. "Spätestens im November ist mit einer Entscheidung zu rechnen, die Ihnen die gewünschte Klarheit bringt." Er wolle, dass möglichst viele der restlichen knapp 600 Mitarbeiter bleiben könnten. Den Namen der Bieter nennt Jaffe nicht. Zuletzt wurden die spanische Grossbank Santander und der britische Telekomanbieter Lycamobile als Interessenten gehandelt. Da auch die Wirecard Bank Teil des zum Verkauf stehenden Pakets ist, hat auch die Finanzaufsicht BaFin ein Wort mitzureden.

Für den 18. November ist die erste Gläubigerversammlung bei Wirecard angesetzt. Dort dürfte Jaffe Ergebnisse präsentieren wollen. Für ihn geht es darum, durch Verkäufe so viel Geld wie möglich einzunehmen, um die Gläubiger wenigstens zum Teil für ihre milliardenschweren Verluste zu entschädigen. Die Töchter in Brasilien und den USA sind bereits verkauft.

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte als Erste über die Inhalte des Briefs berichtet. Darin wirbt Jaffe um Verständnis für die Verzögerungen: Die Begleitumstände seien "denkbar schwierig und die andauernd neu zutage tretenden und selten erfreulichen Erkenntnisse über die Vergangenheit sind für (...) das laufende Geschäft als auch den Verkaufsprozess äußerst belastend".

Offen wie nie zuvor wirft der Insolvenzverwalter der ehemaligen Unternehmensführung vor, rechtzeitig vor der Pleite im Juni Geld beiseite geschafft zu haben. Wirecard sei "in den letzten Monaten vor der Insolvenz leergeräumt" worden, heißt es in Jaffes Brief. Einem Unternehmen vor der Insolvenz Geld zu entziehen, gilt nach dem Strafgesetzbuch als betrügerischer Bankrott. Auf den Konten hatte Jaffe nach früheren Angaben nur noch gut 20 Millionen Euro vorgefunden. Auf Basis des nun geäußerten Vorwurfs könnte er versuchen, vom ehemaligen Vorstand um Markus Braun zumindest einen Teil des Geldes zurückzufordern.

(Reuters)