Die Aktivisten hatten mit einer Aktion in einer Filiale der CS in Lausanne auf das Klimaproblem aufmerksam gemacht. Die Grossbank klagte wegen Hausfriedensbruch.

Der Gerichtspräsident und einzige Richter Philippe Colelough kam zum Schluss, dass die zwölf Mitglieder der Bewegung Lausanne Action Climat (LAC) aus Gründen eines "rechtfertigenden Notstandes" gehandelt hätten. Er befand, dass das Vorgehen der Aktivisten angesichts der Klimakatastrophe "notwendig und angemessen" gewesen sei.

Ihre Aktion sei der "einzige wirksame Weg gewesen, um die Bank zu einer Reaktion zu bewegen, und der einzige Weg, um die notwendige Aufmerksamkeit von den Medien und der Öffentlichkeit zu erhalten", begründete der Gerichtspräsident sein Urteil weiter.

Begeisterung und Freudentränen

Nach dem Urteil schwappte eine Welle der Begeisterung durch den übervollen Gerichtssaal. Angehörige der Angeklagten brachen teilweise in Freudentränen aus.

"Dieses Urteil zeigt, dass unser Handeln einen Sinn hat", sagte eine der freigesprochenen Aktivistinnen beim Verlassen des Gerichts. "Die ganze Welt muss davon hören."

Irène Wettstein, eine der Anwältinnen der Aktivisten, sprach von einem starken Signal dieser Generation. Ihre Zukunft habe Vorrang vor den finanziellen Interessen einer Bank, sagte sie.

Ob die CS den Fall an die nächste Instanz weiterziehen wird, war am Montag noch unklar. "Die Credit Suisse nimmt das Urteil zur Kenntnis und wird den Entscheid analysieren", heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme der Grossbank.

Verkleidet als Federer

Der Prozess war der erste in dieser Grössenordnung in der Schweiz seit Beginn der Mobilisierung für das Klima. Die LAC-Aktivisten im Alter zwischen 21 und 34 Jahren hatten am 22. November 2018 während eineinhalb Stunden eine CS-Filiale im Waadtländer Hauptort besetzt.

Als Tennisspieler verkleidet prangerten sie die "Heuchelei einer Bank an, die sich in ihren Kampagnen des positiven Ansehens von Roger Federer bedient und gleichzeitig eine umweltschädliche Investitionspolitik verfolgt". Die Bank erstattete Anzeige gegen die Aktivisten.

Strafbefehle angefochten

Im Frühjahr 2019 wurden die Protestierenden wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen Anordnungen der Polizei zu bedingten Geldstrafen von je dreissig Tagessätzen bei zwei Jahren Bewährung und zu einer Geldstrafe von je 400 bis 600 Franken - umwandelbar in 13 bis zwanzig Tage Haft - verurteilt.

Zusammen mit den Gerichtskosten hätte sich die Rechnung für die Aktivisten auf total 21'600 Franken belaufen. Diese Strafen wollten sie nicht akzeptieren. Sie fochten die Strafbefehle an und beschritten damit den Gerichtsweg.

Prominente Unterstützung

Während des dreitägigen Prozesses in der vergangenen Woche konnten die Klimaschützer auf prominente Unterstützung zählen. Die Angeklagten wurden von einem Kollektiv von 13 Anwälten vertreten, das sich bereiterklärt hatte, unentgeltlich für sie zu arbeiten. Das Anwaltskollektiv argumentierte gleich wie später das Gericht - nämlich, dass die LAC-Mitglieder aus einem Notstand heraus gehandelt hätten.

Unter den zum Teil prominenten Zeugen befand sich auch Jacques Dubochet, der Waadtländer Chemie-Nobelpreisträger von 2017. Der Honorarprofessor der Universität Lausanne engagiert sich seit einem Jahr zusammen mit vielen Jungen für die Klimafrage.

Weitere Prozesse

In den nächsten Monaten dürften in der Schweiz weitere Prozesse gegen Klimaaktivisten stattfinden. Allein im Kanton Waadt sind fast 120 Mitglieder der Bewegung Extinction Rebellion für verschiedene Aktionen per Strafbefehl verurteilt worden. Weil die meisten von ihnen die Strafbefehle anfochten, werden auch diese Fälle vor Gericht verhandelt werden.

(AWP)