Nicht zum ersten Mal legt ABB einen schwächer als erwarteten Zahlenkranz vor. Selten zuvor wurden die Konsensschätzungen allerdings derart klar verfehlt.

Aufgrund eines deutlich tiefer als erhofften Umsatzes bleibt das Ergebnis für die ersten drei Monate des Geschäftsjahres 2014 auf den Stufen operativer EBITDA, EBIT und Reingewinn weit hinter den jeweiligen Markterwartungen zurück.

Selbst die Verantwortlichen selber zeigen sich enttäuscht über die anhaltend schwache Entwicklung im Bereich der Energietechniksysteme. Deshalb werden rigorose Massnahmen für diesen Geschäftszweig angekündigt.

Die Analystengemeinde und die Investoren sind schockiert. Verkäufe aus dem angelsächsischen Raum setzen der Aktie an der Schweizer Börse SIX im Nachmittagshandel zu. Zur Stunde fällt sie um 6,6 Prozent auf 21,53 Franken zurück. Die Tagestiefstkurse liegen bei 21,22 Franken. Das ist der tiefste Stand seit Oktober 2013.

Enttäuschende Entwicklung gleich in mehreren Divisionen

Der Analyst von Société Générale macht kurzen Prozess und senkt sein Anlageurteil von "Buy" auf "Hold". Nach einer Abwärtsrevision seiner Gewinnschätzungen um 11 Prozent für 2014 und um 15 Prozent für 2015 errechnet er neu ein 12-Monats-Kursziel von 22 (27) Franken.

Zwar hätten die Verantwortlichen ein neues Massnahmenpaket für den Bereich Energietechniksysteme angekündigt. Gleichzeitig hätten sie allerdings erklärt, dass dieses Zeit benötige und im ersten Moment mit Margendruck verbunden sei. Mit neuen Divisionszielen sei erst anlässlich des diesjährigen Investorentages vom September zu rechnen.

Bis dahin werde die Situation undurchsichtig bleiben. Die ausbleibende Beschleunigung bei den Grossaufträgen und die trotz nachlassendem Preisdruck schwache Margenentwicklung im Strominfrastrukturbereich seien enttäuschend, so der Analyst weiter.

Auch bei der Zürcher Kantonalbank wird die Aktie von ABB im Zuge des schwachen Zahlenkranzes von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" zurückgestuft. Das Unternehmen habe die Erwartungen nicht erfüllen können. Hauptgrund dafür seien die Probleme bei Power Systems. Entsprechend sei ein weiteres Restrukturierungsprogramm initiiert worden. ABB gehe allerdings davon aus, dass die Division die operativen Margen weiterhin belasten werde. Der Ausblick falle erwartungsgemäss vorsichtig aus. Der Analyst wird seine Schätzungen eigenen Angaben zufolge deutlich senken.

Sein für die UBS tätiger Berufskollege bezeichnet die Umsatzentwicklung als schwach und die Margen als enttäuschend. Auf Stufe EBITDA sei das Ergebnis in den Bereichen Power Products, Power Systems und Discrete Automation hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Der Analyst rechnet bei den diesjährigen Konsensschätzungen mit im hohen einstelligen Prozentbereich liegenden Abwärtsrevisionen. Er stuft die Aktie von ABB deshalb vorerst mit "Neutral" und einem 12-Monats-Kursziel von 22,50 Franken ein.

Sonderfaktoren belasten

Bei Helvea ist von klar verfehlten Erwartungen die Rede. ABB habe in nahezu allen Bereichen mit operativen Problemen und negativen Einmaleffekten zu kämpfen gehabt. Bei Power Products hätten einmal mehr Sonderkosten für Windparkanlagen auf offener See Spuren im Ergebnis hinterlassen. Im Automationsgeschäft hingegen sei die Verwässerung aus der Übernahme von Power One höher als erwartet ausgefallen. Der verantwortliche Analyst stuft die Aktie weiterhin mit "Hold" ein. Das Kursziel wird voraussichtlich nach unten angepasst.

Auch sein Berufskollege von JP Morgan macht die Projektmargen im Bereich Power Systems sowie Probleme bei Power One für die Differenz zwischen der effektiven Gewinnentwicklung und den Markterwartungen verantwortlich. Überraschend schwach sei hingegen der Auftragsbestand im Strominfrastrukturbereich, gelte das erste Quartal doch als das saisonal stärkste. Der Analyst bleibt bei seinem "Neutral" lautenden Anlageurteil für die Aktie.