Seit sich die Verbreitung des Coronavirus im Lauf des Monats Januar beschleunigt hat, werden die Märkte gehörig durchgeschüttelt. Der Swiss Market Index hat seit seinem Höchststand am 22. Januar von 10'960 Punkten rund 3 Prozent verloren und steht seit Anfang Jahr noch magere 0,2 Prozent im Plus. Die Entwicklung ist aber nicht einheitlich. Die einzelnen Sektoren driften stark auseinander.

Der Uhrenhersteller Swatch führt mit minus 10 Prozent die Verlierer der Blue Chips an. Das Unternehmen macht die Hälfte des Umsatzes mit chinesischen Konsumenten, ist den Auswirkungen des Coronavirus daher stark ausgesetzt. Dies nachdem schon 2019 die Proteste im Schlüsselmarkt Hongkong das Jahresergebnis stark negativ prägten – und weiter prägen werden.

Auch die Entwicklung des starken Frankens bereitet dem Bieler Unternehmen Probleme. So hat der Euro gegenüber dem Franken seit Jahresbeginn schon 1,7 Prozent an Wert eingebüsst. Kommt dazu: Der Uhrenhersteller hinkt beim Einstieg in den Online-Handel der Konkurrenz hinterher. Der Ausblick für Swatch bleibt negativ. Dass sich die Aktie auf einem Zehn-Jahres-Tief befindet, ist noch kein Kaufargument.

Zykliker als grosse Verlierer

Auch für Zykliker unter den Blue Chips sind die Auswirkungen des Coronavirus belastend. Der Zementkonzern LafargeHolcim steht gar mit 9 Prozent im Minus. Die Produktion in Asien ist für einen Grossteil des Umsatzes des Zementherstellers verantwortlich. Die Aktie befindet sich nun wieder auf dem Stand von Ende Dezember.

Der auf Energie- und Automationstechnik spezialisierte Konzern ABB ist ebenfalls vom Negativtrend betroffen (-4 Prozent). ABB beschäftigt in China insgesamt 20'000 Mitarbeiter. Für Holcim und ABB ist insbesondere der Abschwung des chinesischen Wirtschaftswachstums problematisch. Daher: Finger weg, bis das weltweite Wirtschaftswachstum und insbesondere das Wachstum in China wieder anziehen - und die Auswirkungen des Coronavirus noch nicht bekannt sind.

SMI-Aktienkurse: Entwicklung seit dem 1.  Januar

AktiePerformance seit 1.1.2020AktiePerformance seit 1.1.2020
Lonza+12,3 ProzentNovartis-0,9 Prozent
Givaudan+5,2 ProzentUBS-2,5 Prozent
SGS+3,9 ProzentABB-3,5 Prozent
Alcon+3,7 ProzentSika-3,9 Prozent
Swisscom+3,6 ProzentGeberit-5,9 Prozent
Roche+2,8 ProzentCredit Suisse-7,0 Prozent
Nestle+2,3 ProzentRichemont-7,4 Prozent
Zurich+1,1 ProzentAdecco-7,6 Prozent
Swiss Re+0,2 ProzentLafargeHolcim-9,2 Prozent
Swiss Life+0,2 ProzentSwatch-10,0 Prozent

Daten der Tabellen: cash.ch / Stand: 3. Februar 2020, 14.00 Uhr

Die Aktien der zwei Grossbanken UBS (-3 Prozent) und Credit Suisse (-7 Prozent) starteten ebenfalls negativ ins neue Jahrzehnt. Die Fanfarenstösse für Grossbankaktien von Anfang Jahr sind bereits wieder Schnee von gestern. Zwar hat die UBS im Schlussquartal 2019 auf Gewinnstufe positiv überrascht, doch das schwierige Umfeld mit sehr tiefen Zinsen und die tiefen Margen setzen ihr nach wie vor zu. Die letztjährige Underperformance zum Gesamtmarkt scheint sich auch dieses Jahr fortzusetzen. 

Die Credit Suisse legt erst Mitte Februar ihre Zahlen vor und beherrscht momentan mit der Beschattungsaffäre und Spekulationen über den Verbleib von CS-Chef Tidjane Thiam die Schlagzeilen. Da die Zinsen auf unbestimmte Zeit noch tief bleiben und weiterhin strategische Probleme bestehen, ist der Ausblick für die beiden Grossbanken weiterhin negativ.

Versicherungen trotzen dem Negativtrend

Zu den Gewinnern seit Jahresbeginn gehört SGS (+4 Prozent). Der Warenprüfkonzern verlor 2019 zwar an Wachstumstempo, kann jedoch die Profitabilität steigern. Die angestrebte und bestätigte Zielmarge kommt in Reichweite. Es stellt sich aber die Frage, inwiefern die gedämpften globalen Konjunkturaussichten das vom Handel abhängige Unternehmen trifft. Ebenfalls kann der Telekomdienstleister Swisscom (+4 Prozent) zulegen. Die italienische Tochter Fastweb hat zuletzt ein starkes Wachstum verzeichnet. Für das zyklusunabhängige Telekomunternehmen bleibt der Ausblick positiv. Die defensive Aktie, die in den letzten sechs Monaten 12 Prozent zugelegt hat, ist in unsicheren Börsenzeiten wie jetzt gefragt.

Die Aktien der Versicherer Zurich, Swiss Re und Swiss Life haben seit Mitte Januar zwar ebenfalls an Wert eingebüsst, befinden sich trotzdem noch leicht im positiven Bereich. Ins Augenmerk fallen insbesondere die Renditeversprechungen von Zurich. Die Versicherung will bis 2022 eine Eigenkapitalrendite von über 14 Prozent erreichen. Die Versicherungsaktien sollte man wegen ihrer Stabilität und der Dividende auch 2020 übergewichten.

SPI: Biotech-Titel gefragt

Ähnlich wie der SMI bewegt sich auch der breite Swiss Performance Index (SPI) auf Jahressicht hauchdünn im Plus. Schaut man auf die Top-Performer, fallen einem die vielen kleineren Biotech-Buden ins Auge. Unter den Top-15 SPI-Titeln befinden sich mit Addex, Molecular Partners, Evolva, Basilea und Bachem nicht weniger als 6 Biotechs (nicht in der cash-Liste).

Wie so oft sind fundamentale Gründe für die Kuranstiege zwischen 13 und 25 Prozent allerdings schwer auszumachen – vielmehr dürften einmal mehr spekulative Beweggründe für die Kursbewegungen verantwortlich sein. Beispiel: War Relief Theraputics Mitte Januar noch einer der Top-Perfomer im Schweizer Aktienmarkt, ist der Biotech-Titel mittlerweile bereits wieder abgestürzt (-80 Prozent).

SPI-Aktienkurse (ohne Biotechs): Entwicklung seit dem 1. Januar

AktiePerformance seit 1.1.2020AktiePerformance seit 1.1.2020
Highlight Event AG+28,6 ProzentLumX Group-76,7 Prozent
BKW+26,2 ProzentSchmolz & Bickenbach-26,7 Prozent
Swissquote Group+21,6 ProzentBossard-19,5 Prozent
Bellevue Group N+15,1 ProzentWisekey-20,3 Prozent
Meier Tobler+14,3 ProzentKomax-17,9 Prozent
VZ Holding+14,1 ProzentFeintool-16,0 Prozent
Zur Rose+13,3 ProzentPolyphor-15,2 Prozent
Orell Fuessli+11,6 ProzentDufry- 13,2Prozent
Emmi+10,2 ProzentInterroll-13,0 Prozent
Galenica+10,2 ProzentDormakaba-12,6 Prozent

Daten der Tabellen: cash.ch / Stand: 3. Februar 2020, 14.00 Uhr

Nachhaltiger scheint die Performance der BKW-Aktie (+26 Prozent). Nach vielen mageren Jahren mit tiefen Strompreisen erhöhte der Energiekonzern kürzlich seine Gewinnerwartungen. Für Wachstumsphantasie bei Anlegern sorgt insbesondere die neue Sparte der Energiedienstleistungen. BKW will künftig etwa Installationsfirmen und Energieversorgungsunternhmen dabei unterstützen, Solaranlagen wirtschaftlich zu betreiben. Das könnte sich für Anleger noch eine Weile auszahlen.

Bellevue zeigt Grossbanken, wie es geht

Ebenfalls positiv hat das Jahr für die Bellevue Group angefangen. Während die Grossbanken UBS und CS ihren überraschenden Kurssprünge von Anfang Jahr längst wieder eingebüsst haben, wächst die Vermögensverwalterin (+15 Prozent) deutlicher als der Gesamtmarkt. Die früher vor allem im Brokerage tätige Bank konzentriert immer mehr auf reines Asset Management, insbesondere im Healthcare-Bereich.

Für die Titel spricht, dass, anders als viele Konkurrenten, Bellevue eine starke Zunahme der verwalteten Vermögen verzeichnet. Neben einem EBIT-Plus von 30 Prozent wurde zudem jüngst eine Sonderdividende angekündigt.

Weitere Gewinner sind Meier Tobler (+14 Prozent). Hier setzen Anleger darauf, dass der Gebäudetechniker seinen Turnaround weiter voranbringt). Zur Rose legt ebenfalls zu (+13 Prozent, die Versandapotheke ist 2019 kräftig gewachsen) und Emmi (+10 Prozent). Der Milchverarbeiter wuchs 2019 stärker als erwartet und bestätigte sein Gewinnmarge-Ziel von rund 5 Prozent.

Leidensgeschichte S+B – Zulieferer unter Druck

Und die Verlierer? Wenig verwunderlich befindet sich Schmolz & Bickenbach in der Flop-Liste auf den oberen Plätzen. Ganze 27 Prozent ging es mit dem Titeln des Stahlherstellers runter. Die Streitigkeiten im unsäglichen Machtkampf der Grossaktionäre sind zwar beigelegt, doch das ändert nichts am schwierigen Umfeld, in welchem sich S+B bewegt. Trotz jüngst erfolgreich durchgeführter Kapitalerhöhung ist bei S+B bis auf weiteres höchste Vorsicht geboten.

Die grösste Verlierer-Gruppe im breiten Markt bilden die Zulieferer. Der Spezialist für Verbindungstechniken Bossard (-19 Prozent) wuchs 2019 so wenig wie seit Jahren nicht mehr. Wie auch andere Zulieferer spürte Bossard insbesondere gegen Ende des Jahres die Folgen einer schwächelnden Industrie. Zudem ist der "Tesla-Bonus" ein wenig weg. Der US-Grosskunde fragte zuletzt weniger Bossard-Teile nach, da beim Model 3 mehr geschweisst und weniger geschraubt wird. Analysten sehen hier für 2020 kaum Besserung. Andere Zulieferer, die stark unter Druck gerieten, sind Komax (-18 Prozent), Feintool (-16 Prozent) und Interroll (-13 Prozent). 

Coronavirus belastet Dufry

Und das Coronavirus? Die Angst um den neuen Erreger aus China hat hierzulande vor allem die Titel des Reisedetailhändlers Dufry (-13 Prozent) gedrückt. Das Unternehmen aus Basel betreibt auch in Asien an zahlreichen Flughäfen Verkaufsstellen. Doch nicht nur die Virus-Angst trübt den Ausblick. Auch das allgemein sinkende Passagieraufkommen dürfte für Dufry zu einer Herausforderung werden.

Andere Aktien, die vom Coronavirus ebenfalls betroffen sind wie zum Beispiel Bergbahnen, spüren den Virus-Effekt noch nicht so deutlich. Die Aktie der Jungfraubahnen hat eine Jahresleitung von bislang 1 Prozent.

 

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