Es gibt am Aktienmarkt hässliche und vernachlässigte Entlein. Erstere sind jene, bei denen nach einer Serie von schlechten Nachrichten die Kurse in den Keller gefallen sind. Letztere sind jene, für die sich niemand richtig interessiert, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt.

Bei solchen Aktien schlägt die Stunde der Contrarians. Das sind Investoren, die sich gefallene Aktien aussuchen und darauf setzen, dass die Kurse bald wieder steigen. Seriöse Contrarians aber wissen, dass nur Aktien von Unternehmen in Frage kommen, die fundamental in einer einigermassen soliden Lage sind und wo der Ausblick intakt ist.

Gegen den Strom zu schwimmen heisst nicht, aufs Geratewohl Aktien mit tiefem Kurs zu kaufen. Es gilt, sich genau mit den Unternehmen und ihren Perspektiven auseinanderzusetzen. Bei den folgenden fünf Investments aus dem Schweizer Aktienmarkt bestehen gute Chancen, dass das Formtief bald überwunden sein wird.

EFG International

Mit einem Rückgang von 30 Prozent seit Mitte des vergangenen Januar gehört EFG zu den am meisten abgestraften Aktien im SPI. Würde man die EFG-Gruppe von vor zwei Jahren betrachten, wäre dieser Kursrückgang völlig erklärbar: Strategische Verzettelung, die kontroverse Einverleibung der Tessiner BSI-Bank und ein Staatsfonds-Skandal in Malaysia prägten das Bild des Vermögensverwalters.

Aber es hat sich einiges getan. In den vergangenen zwei Jahren stieg der Kurs der Aktie wieder – die Zweijahres-Performance beträgt 29 Prozent. Den Kursrutsch seit Anfang Jahr erklären sich Analysten mit einer komplexen Jahresrechnung mit zu vielen Sonderfaktoren. EFG hat ein Interesse, diese Komplexität abzubauen und den Anlegern mehr Vertrauen einzuflössen.

Ausserdem kann sich EFG mit dem Geschäftsmodell, eine Plattform für weitgehend eigenständig agierende Fondsmanger und Anlagespezialisten zu bieten, vorteilhaft von anderen Privatbanken und Asset Managern abheben.

Leonteq

Das Derivatehaus Leonteq, hervorgegangen aus dem Geschäft für strukurierte Produkte von EFG, wurde nach dem Börsengang vor fünf Jahren hochgejubelt. Eine sagenhafte Versechsfachung des Kurses bis Mitte 2015 war die Folge. Dann folgte der Absturz zurück auf das Niveau des Börsengangs. 2016 war ein Katastrophenjahr für Leonteq, 2017 lief schon besser. Der erst gefeierte, dann glücklose CEO Jan Schoch wurde vergangenes Jahr abgesetzt.

Die Erholung des Aktienkurses 2017 hatte zum Teil damit zu tun, dass Grossinvestor Rainer-Marc Frey dem Unternehmen mit einer 7,5-Prozent-Beteiligung Vertrauen schenkte. Seit Oktober 2017 ist der Kurs allerdings um ein Viertel gesunken. Die Chancen für Leonteq stehen dennoch nicht schlecht: Volatilere Aktienmärkte, wie sie 2018 zu beobachten sind, befeuern das Geschäft mit Absicherungen, wie Leonteq sie anbietet.

Mittelfristig will sich der Derivatehändler noch mehr zum Partner grosser Banken und Versicherungen machen und selbst die Technologie liefern. Geht der Plan auf, wird Leonteq zum Gewinner der Digitalisierung.  

Burkhalter

Nach einem jahrelangen Kursanstieg ist die Aktie des Elektroinstallateur-Unternehmens vor etwa einem Jahr ins Trudeln geraten: Die Minus-Performance auf 12 Monate zurückblickend liegt bei 37 Prozent. Operativ hat das Unternehmen mit Sitz in Zürich in den vergangenen Monaten Gegenwind verspürt, zudem wurde das Grossprojekt Gotthard-Tunnel vollendet.

Die Kürzung der Dividende um 50 Rappen auf 5 Franken – die erste seit dem Börsengang vor zehn Jahren - ist Ausdruck dieser Schwierigkeiten. Die Schwäche muss aber nicht bleiben. Burkhalter hat Elektrotechnik-Firmen in allen Landesteilen aufgekauft und ist am Markt gut aufgestellt. Der Cash-Flow ist traditionell stark und erlaubt es dem Unternehmen, viel Geld an die Aktionäre auszuschütten: Die Dividendenrendite beträgt nach wie vor mehr als fünf Prozent.

Die Baubranche ist stets ein schwieriges Geschäft, aber Burkhalter dürfte auch in den nächsten Jahren die Arbeit kaum ausgehen. Weil Elektrostandards von Land zu Land anders sind, hat Burkhalter wenig ausländische Konkurrenz zu befürchten - anders als die übrige Bauindustrie.

Schindler

Der Partizipationsschein (PS) von Schindler, der als Konstituent des Swiss Leader Index SLI offiziell ein Blue Chip ist, hat seit Januar zum ersten Mal seit mehreren Jahren in deutlicherem Masse korrigiert. Das Minus der vergangenen drei Monate beträgt 13 Prozent.

Schindler wird gerne im Kreis von langjährigen Schweizer Qualitätstiteln genannt. Damit ist er kein typischer Contrarian-Titel, aber einer, der nun unverdient stark gefallen ist. Eine Herausforderung für den Lift- und Rolltreppenhersteller aus Ebikon LU ist eine Abschwächung im Markt China.

Ansonsten erfreut sich der Maschinenbauer aber über gute Auftragsbestände über die nächsten zwei Jahre. Die Ebit-Marge hat sich in den vergangenen zwei Jahren verbessert. Bei der Vorstellung das Resultates für 2018 hat das Management einen optimistischen Ausblick vorgelegt. Und noch etwas macht Schindler interessant: Dank des wichtigen Service-Geschäfts hat der PS im Gegensatz zu anderen Industrietiteln gar einen leicht defensiven Touch.

Barry Callebaut

Ein kräftiges Gewinnwachstum hat die Aktie des Schweizer Schokoladeproduzenten mit flämischen und französischen Wurzeln 2017 auf ein absolutes Rekordhoch getrieben: Im Jahresverlauf legte der Kurs um zwei Drittel zu, bis im Januar wie bei vielen anderen Aktien die Korrektur erfolgte. Im Vergleich zu vor drei Monaten liegt der Kurs der Barry Callebaut-Aktie um über acht Prozent tiefer.

Analysten warnen nun davor, dass der weitere Geschäftsverlauf – Barry Callebaut schliesst das Geschäftsjahr jeweils Ende August ab – nicht weiterhin so starke Wachstumsraten aufweisen wird. Auch der Kakaopreis, der 2017 tief war, ist seit Jahresbeginn um 33 Prozent angestiegen. Hartgesottene Contrarians dürften sich dafür entscheiden, das Unternehmen noch eine Weile zu beobachten.

Der Schokoladeproduzent hat aber langfristig einige Vorteile. Die Expansion in den genuss- und damit schokoladesüchtigen Schwellenländern geht voran. Im ersten Halbjahr betrug das Volumenwachstum in den asiatischen und pazifischen Märkten über 15 Prozent, gegenüber knapp 10 Prozent in Europa und 5,5 Prozent in Nord- und Südamerika. Die Sparte Gourmet mit Luxusschoggi-Produkten lässt sich profitabel ausbauen.