Nach einem arbeitsreichen Jahr für aktivistische Investoren, die europäische Unternehmen wie Nestlé, London Stock Exchange Group und Smith & Nephew ins Visier genommen haben, glauben Experten, dass Unternehmen eifriger dabei werden, Aktionärs-Sorgen anzusprechen, bevor diese in öffentliche Kampagnen eskalieren.

"Aktivismus hat die Vorstände dazu getrieben, jede Quelle der Shareholder-Value-Schaffung zu prüfen und jeder aktivistischen Investorenkampagne zuvorzukommen", sagt Hernan Cristerna, globaler Co-Leiter M&A bei JPMorgan Chase & Co. in London.

Aktivistische Investoren hatten 2017 135 öffentliche Forderungen gegen Unternehmen mit Hauptsitz in Europa erhoben, verglichen mit einer Rekordanzahl von 142 im Jahr 2016, geht aus Daten des Marktforschers Activist Insight hervor. 

Fortsetzung aktionärsfreundlicher Politik

Aktivisten setzten zudem laut Lazard Ltd. bis zum bis zum dritten Quartal dieses Jahres 45 Milliarden Dollar ein, fast doppelt so viel wie im gesamten vergangenen Jahr. Mehr als 20 Prozent davon entfielen den Angaben zufolge auf europäische Unternehmen, verglichen mit etwa 10 Prozent in den Vorjahren.

Unternehmen könnten im nächsten Jahr weitere Rückkäufe, Sonderdividenden und den Verkauf von Vermögenswerten ankündigen, noch bevor Aktivisten an ihre Türen klopfen, sagt Cristerna.

Die grössten Firmen Grossbritanniens hatten zuletzt bereits weniger Konfrontationen mit Anlegern beim Thema Manager-Vergütungen erlebt, nachdem sie auf Forderungen eingegangen waren, Exzesse zu zügeln, heisst es von der Investment Association. Unter den FTSE-100-Managern sahen Martin Sorrell, CEO von WPP, und der CEO der Reckitt Benckiser Group, Rakesh Kapoor, in diesem Jahr eine Kürzung ihrer Bezüge.

Nahrungsmittelbranche im Fokus

In Europa gibt es viele Familienunternehmen, die Kapitalstrukturen haben, die es bestimmten Aktionären ermöglichen, mehr Stimmrechte zu bekommen als andere. Weil Index-Anbietern wie S&P Dow Jones Indices und FTSE Russell bestimmte Mehrklassen-Aktien von einigen ihrer Barometer ausschliessen wollen, greifen Investoren auch dieses Thema nun auf.

"Unternehmen fragen uns zunehmend, was wir denken", sagt Ian Ormiston, europäischer Aktienfondsmanager bei Old Mutual Global Investors mit Sitz in London. "Es wird Druck auf Länder geben, in denen es geteilte Stimmrechtsstrukturen gibt", wie etwa Deutschland und die Schweiz.

Zu den Branchen, in denen es im kommenden Jahr womöglich aktivistische Vorstösse gibt, zählen die Konsumgüterhersteller. Prominente Aktivistenfonds wie Dan Loebs Third Point LLC und Keith Meisters Corvex Management haben Beteiligungen an europäischen Konsumgütergiganten aufgebaut, darunter Nestlé und der Joghurthersteller Danone

"Die Umsätze in diesem Sektor haben sich verlangsamt oder stagnieren sogar, und die Unternehmen werden von den Investoren unter Druck gesetzt, die Kosten zu senken und das Wachstum zu verbessern", sagt Malcolm McKenzie, Managing Director beim Berater Alvarez & Marsal Inc. in London. "Aktivisten werden weiterhin auf die Konglomerate innerhalb der Branche abzielen, die durch Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Sparten untergraben werden und Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz bieten."

Zu den Branchen, die 2018 ebenfalls ins Visier aktivistischer Investoren geraten könnten, zählen auch Chemie, Technologie und Energie.

(Bloomberg)