Campbell Graham, neuseeländischer Mediensprecher bei Samsung Electronics, richtet an diesem Nachmittag mit der grossen Kelle an. Samsung verkauft pro 30 Minuten 23'000 Smartphones weltweit. Samsung verkauft pro 30 Minuten 3000 Fernsehgeräte weltweit. Samsung Electronics hat seinen Mitarbeiterbestand in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt. Samsung Electronics rangiert auf Platz 14 der grössten Unternehmen weltweit punkto Umsatz. Und Samsung Electronics will bis 2020 einen Umsatz von 400 Milliarden Dollar erzielen.

Grahams PR-Offensive vor einer Schaar ausländischer Journalisten passt zur Umgebung im Samsung "d’light"-Zentrum in Seoul, dem grössten Samsung-Shop der Welt und zugleich Show- und Game-Room für Tech-Freaks und Game-Süchtige (siehe Video). Galaxy Gear, ovale TV-Bildschirme, Kühlschrank-Türen mit Display-Werbung – alles Neue aus der Samsung-Welt kann hier betrachtet und erfühlt werden.

Samsung Electronics ist auch im südkoreanischen Alltag omnipräsent. In der U-Bahn von Seoul gibts grundsätzlich zwei Beschäftigungen, denen die Passagiere nachgehen. Entweder das Smartphone beanspruchen (gerne auch mit ausziehbarer Antenne) - oder ein Nickerchen machen. Mit einem Marktanteil von über 30 Prozent ist Samsung weltweit führend bei den Smartphones.

Smartphone Heavy-User: Alltag in der U-Bahn von Seoul.

Samsung ist aber auch Weltmarktführer bei Fernsehern oder Speicherchips. Der Konzern will den Konkurrenten Apple nach den Smartphones nun auch bei Tablet-Computern überholen. Die Zukunftsmärkte sieht Samsung Electronics aber in der Medizintechnik und in Haushaltgeräten. Bis 2015 will Samsung Electronics zum weltweit führenden Hausgeräte-Hersteller werden.

Doch Samsung ist nicht bloss Samsung. Die Elektroniksparte ist Teil eines Megakonzerns mit über 80 Firmen. Die Samsung-Gruppe, 1938 als Lebensmittelexporteur gegründet, hat Ableger in der Maschinen- und Schwerindustrie, in der Elektronik, Chemie und in der Gastronomie. Samsung baut auch Ferienresorts und Luxushotels und besitzt Immobilien. Samsung ist der drittgrösste Schiffbauer der Welt und der grösste Lebensversicherer von Südkorea. Die Unternehmen halten untereinander komplizierte Kreuzbeteiligungen.

Mit diesem Koloss ist Samsung das grösste "Chaebol" Südkoreas. Das sind familiendominierte Konglomerate wie auch Hyundai oder LG solche darstellen. Die "Chaebols" sind insgesamt für rund drei Viertel des Bruttoinlandproduktes des Landes verantwortlich. Nach eigenen Angaben war die Samsung-Gruppe 2012 für 28 Prozent der Exporte Südkoreas verantwortlich.

Gründe für den Erfolg

Bei Samsung stand immer ein Mitglied der Gründerfamilie Lee an der Spitze. Der Konzern wird Korea-typisch streng hierarchisch geführt. Konstrukte à la "Chaebols" sind naturgemäss wettbewerbsverzerrend, sie sind aber ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Samsung-Gruppe in der Vergangenheit. Ebenso der Staatskapitalismus unter dem Diktator Park Chung Hee von 1961 bis 1979, welcher für den wirtschaftlichen Aufstieg Koreas in der Nachkriegszeit verantwortlich war. Auch heute noch gibt der Staat wirtschaftliche Ziele vor.

Erfolgsfaktoren kann man auch im Mikrobereich suchen. Zwar brüstet sich Samsung Electronics damit, dass rund ein Viertel der 270'000 Angestellten weltweit in der Forschung und Entwicklung tätig sind. Doch das Unternehmen, wie auch andere südkoreanische Technologiefirmen, ist selten der "First Mover" bei der Entwicklung. Samsung erkennt allerdings Trends sehr schnell und ist dann bei der Fertigung qualitativ oft besser als die Originalmarke. Das Unternehmen baut zudem alle Bauteile eines Smartphones in eigenen Fabriken, was Flexibilität garantiert.

Ist ein Produkt einmal auf dem Markt, zielt Samsung knallhart auf das Portemonnaie der Kunden. Mit einer aggressiven Preispolitik und omnipräsenter Vermarktung lehrt Samsung der Konkurrenz das Fürchten. Das zeigt sich besonders beim TV-Geschäft: Zusammen mit dem LG-Konzern kommt Samsung in Europa und weiten Teilen der Welt mittlerweile auf einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent. Die Folge ist ein dramatischer Preiszerfall bei TV-Geräten und wegsterbende Konkurrenten.

Aufkommende Kritik

Alles sorgenfrei im Samsungland? Nicht ganz. Denn schleichend nehmen in Südkorea Entwicklungen ihren Lauf, die etwa die Macht der "Chaebols" beschneiden werden. Aufgrund des steigenden Unmuts in der Bevölkerung über die Macht der Konglomerate – sie beschäftigen trotz ihres hohen BIP-Anteils bloss etwas über zehn Prozent der südkoreanischen Arbeitskräfte - öffnen Politik und Behörden den Binnenmarkt schrittweise für die ausländische Konkurrenz. Beinahe schon in Rekordzeit hat Südkorea Freihandelsabkommen mit 45 Ländern abgeschlossen.

Die Internationalisierung des Aktionariats setzt aber auch Samsung Electronics unter Druck. Der Konzern hatte in sechs der sieben vergangenen Quartale Ergebnisse in Rekordhöhe verbucht. Die Aktie hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt, 2013 resultiert aber bislang die erste Minusperformance seit fünf Jahren.

Erst am Mittwoch hielt Samsung einen Analystentag ab – den ersten seit acht Jahren. Ähnlich wie bei Apple drängen die Investoren darauf, dass der Konzern etwas mit den fetten Bargeldreserven anfängt. Bei Samsung Electronics belaufen sich diese auf 50 Milliarden Dollar. Die angekündigte Verdoppelung der Dividendenrendite konnte die Samsung-Anleger allerdings nicht überzeugen.

Der Ärger ist nachvollziehbar: Für das Jahr 2012 wurden lediglich 5,1 Prozent des Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet. Noch 2007 lag diese Quote mehr als drei Mal so hoch. Samsung will sein Geldpolster nun künftig stärker für Zukäufe gebrauchen. 

Und womöglich könnte Samsung mit seinem Preisdiktat nach unten auch Opfer des eigenen Erfolgs werden. "Auch Samsung wird sich sinkenden Durchschnittspreisen stellen müssen", sagte Acer-Europachef Oliver Ahrens kürzlich zu Reuters. Ob dies nur das Bellen eines geschlagenen Hundes ist, oder ob Samsung seines Siegeszug fortsetzt, wird sich zeigen.

Sehen Sie auch das Video über das Samsung-Besucherzentrum "d'light" in Seoul.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der Kotra (staatliche Förderungstelle für Investitionen in Korea) eingeladen hatte.