Die Renditen von 10-jährigen schweizerischen Bundesanleihen gleiten seit Jahresbeginn kontinuierlich zurück. Derzeit liegt der Wert bei 0,61 Prozent. Im Mai 2012 notieren die Renditen letztmals auf diesem Niveau. Und Zinsexperten glauben, dass dieser Abwärtstrend noch weiter andauern dürfte, zumindest auf kurze Sicht.

So prognostiziert Harald Preissler, Chefökonom bei der Bantleon Bank, in einer kürzlich erschienenen Analyse für die kommenden Monate eine Rendite bei den 10-jährigen Eidgenossen nahe dem Rekordtief von 0,5 Prozent im November 2012. Danach sollte es aber wieder zügig aufwärts gehen. Zum Frühlingsanfang des kommenden Jahres wird die Rendite laut Preissler auf 1,25 Prozent anwachsen.

Rendite 10-jährige Bundesobligation Eidgenossenschaft; Quelle: cash.ch

Gründe für den temporären Renditetaucher sind verhaltene Konjunkturprognosen für Europa und zunehmende geopolitische Spannungen. So erreichte die Krise in der Ukraine seit dem Abschuss einer Linienmaschine der Malaysia Airlines vergangener Woche eine neue Eskalationsstufe. Und auch der militärische Vorstoss in den Gaza-Streifen durch die israelischen Streitkräfte liess Anleger in sichere Werte flüchten. Dazu passt auch der leichte Aufwärtsdruck des Frankens gegenüber dem Euro.

Geopolitik, eine «Wild Card»

Für Alessandro Bee, Zinsspezialist bei der Bank J. Safra Sarasin, sind die geopolitischen Unruhen denn auch eine Art "Wild Card". "Bei einer Zuspitzung der Konflikte werden die Renditen weiter absinken, bei einer Beruhigung hingegen erneut anziehen." Doch auch Bee erwartet in den kommenden sechs Monaten beim "Eidgenoss" steigende Renditen auf gegen 1 Prozent.

Bee stützt seine Annahme auf die deutlich gesunkene Arbeitslosenrate in den USA, die die US-Notenbank Fed langsam aber sicher unter Zugzwang setzt. "Der Druck, die Zinsen zu erhöhen, wird für die amerikanische Notenbank stetig höher", so Bee. Zuletzt gab es vermehrt Anzeichen für eine Erholung am US-Arbeitsmarkt. So hatte beispielsweise die Fed in ihrem jüngsten Konjunkturbericht (Beige Book) festgestellt, dass sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt landesweit verbessert hätten. Für eine Zinserhöhung sprechen auch die gestiegenen Inflationsraten in den USA.

Steigen die Zinsen in den USA, kann dies auch in Europa und der Schweiz für Aufwärtsdruck sorgen. So geschehen letztmals im Mai 2013, als der damalige US-Notenbankchef Ben Bernanke die Zinswende einläutete, wenn auch etwas verfrüht. Allerdings glaubt ​Bill Gross, Pimco-Gründer und Manager des weltweit grössen Anleihefonds, nicht an eine baldige Zinserhöhung seitens der Fed. Er verweist dabei auf die nur langsam steigenden Löhnen in den USA, die indirekt die Inflation bremse (zum Artikel).

Wie sollen Anleger vorgehen?

Obligationen-Anleger stecken in einem Bonitäts- und Zinsdilemma: Bei den tiefen Renditen lohnt es sich kaum, Obligationen zu kaufen. Und bei einem breiten Zinsanstieg geraten die Obligationenpreise deutlich unter Druck. Egal also was passiert, die Aussichten am Bondmarkt sind schlecht.

Eine Alternative zu den kaum rentierenden Staatsanleihen sind Unternehmensanleihen. Allerdings müssen hier teilweise Abstriche bei der Bonität gemacht werden, um auf eine vernünftige jährliche Rendite zu kommen. Schweizer Schuldner mit einer einigermassen vernünftigen Rendite gibt es aber nur eine Handvoll (siehe Tabelle). Wer mehr Rendite will, muss Abstriche bei der Schuldnerqualität machen. Entsprechend gross ist auch das Risiko eines herben Verlustes, wenn der Schuldner pleite geht.

Schuldner Laufzeit Rendite (nominal)
CPH Chemie + Papier 10.07.2019 2,26%
BKW FMB 27.04.2022 1,37%
3,25 Pfandbriefbank 27 S424 15.06.2027 1,24%
Alpiq 01.03.2018 1,09%

Quelle: cash.ch; Stand: 22. Juli 2014

Wer dennoch im Bondmarkt investiert sein will, kann dies über Anlagefonds machen. Diese sind in der Regel breit diversifiziert. Die besten Fonds erzielten über die letzten drei Jahre betrachtet 25 Prozent Rendite (zum Fondsguide auf cash.ch). Andernfalls sind Aktien mit einer nachhaltigen Dividende ebenso eine Überlegung wert. Nestlé oder Swisscom rentieren derzeit zwischen 3 und 4,5 Prozent.