Ein kurzes Meeting brachte Portia Twidt dazu, ihren Job zu kündigen. Im Februar hatte Sie eine Stelle als Compliance-Spezialistin für den Analysebereich angenommen, gelockt mit dem Versprechen, von Zuhause arbeiten zu können. Dann wurde sie gedrängt, ins Büro zu gehen - Einladungen zu Meetings häuften sich.

Der letzte Anstoss für ihren Ärger kam vor ein paar Wochen: Eine Anfrage für ein persönliches Gespräch, in personam, angesetzt für ganze sechs Minuten. Twidt zog sich an, brachte ihre beiden Kinder in den Kinderhort, fuhr ins Büro und beschloss noch während des kurzen Gesprächs, dass es genug war. "Ich hatte einfach die Nase voll", sagte die 33-Jährige aus Marietta im US-Bundesstaat Georgia.

Die Corona-Pandemie geht zwar mit jeder Portion Impfstoff, der einen Arm erreicht, zurück. Der Vorstoss einiger Arbeitgeber, Mitarbeiter wieder in Büros zu holen, kollidiert jedoch bisweilen mit der Einstellung vieler, die Heimarbeit als die neue Normalität bevorzugen.

«Es ist ein Machtspiel»

Unternehmen wie Google, Ford und die Citigroup haben ihrer Belegschaft mehr Flexibilität versprochen. Gleichzeitig betonen viele Manager öffentlich, wie wichtig Arbeiten im Büro ist. Einige beklagen die Gefahren von Telearbeit und sehen Teamwork und Unternehmenskultur beeinträchtigt.

Jamie Dimon von JPMorgan sagte kürzlich auf einer Konferenz, dass Homeoffice "für diejenigen, die sich anstrengen wollen", nicht funktioniere. Heerscharen von Mitarbeitern sind sich da nicht so sicher. Das vergangene Jahr hat belegt, dass viele Arbeiten erledigt werden können, ohne dass Mitarbeiter lange Fahrten in überfüllten Zügen oder auf Autobahnen auf sich nehmen müssen. Einige sind umgezogen, andere haben nach wie vor Sorgen vor Ansteckungen oder impfscheuen Kollegen.

Mit dem Abflauen der Pandemie sind nun insbesondere Manager aus einer Generation, die mit Fernarbeit nicht vertraut ist, darauf erpicht, die Kontrolle über ihre Untergebenen wieder zurückzugewinnen, so Twidt. "Sie haben das Gefühl, dass wir nicht arbeiten, wenn sie uns nicht sehen können", sagt sie. "Es ist ein Machtspiel."

Millennials neigen stärker zum Homeoffice

Noch ist es früh, um zu sagen, wie die Arbeitsumgebung nach der Pandemie aussehen wird. Nur etwa 28 Prozent der Angestellten in den USA sind zurück in ihren Büros, wie ein Index von zehn Metropolgebieten zeigt, der von der Sicherheitsfirma Kastle Systems zusammengestellt wird. Viele Arbeitgeber sind weiterhin nachsichtig: Impfungen sind noch nicht abgeschlossen, die Situation bei der Kinderbetreuung bleibt unberechenbar.

Doch mit der zunehmenden Rückkehr ins Büro wünschen sich einige Mitarbeiter andere Möglichkeiten. Eine im Mai durchgeführte Umfrage unter 1000 US-Erwachsenen ergab, dass 39 Prozent der Befragten eine Kündigung in Erwägung ziehen würden, wenn ihr Arbeitgeber bei Telearbeit nicht flexibel wäre. Der Generationenunterschied ist deutlich: Unter den Millennials und der Generation Z waren es 49 Prozent, so eine Umfrage von Morning Consult im Auftrag von Bloomberg News.

Die Chefin der Zeitarbeits-Plattform Flexjobs, Sara Sutton, begrüsst diese Entwicklung. "Heimarbeit und Hybridmodelle werden Bestand haben." Die grössten Vorteile sind der Wegfall des Wegs zur Arbeit und Kosteneinsparungen.

Freizeit statt Pendeln

Der niederländische Softwareentwickler Jimme Hendrix kündigte seinen Job im Dezember, als seine Web-Applikationsfirma sich darauf vorbereitete, die Belegschaft ab Februar wieder ins Büro zu holen. "Während Covid genoss ich es, von zu Hause aus zu arbeiten", sagt der 30-jährige, der nun freiberuflich arbeitet und seiner Freundin hilft, ihr Kunstgeschäft aufzubauen. Früher verbrachte er jeden Tag zwei Stunden mit Pendeln. Jetzt überlegt das Paar, sein Auto zu verkaufen und stattdessen Fahrrad zu fahren.

Einer der Hauptvorteile, sagte Hendrix: Mann ist Herr über seine eigene Zeit: "Ich kann im Haus machen, was ich will. Eine schnelle Erledigung muss nicht mehr bis 20 Uhr warten, oder ich kann einen kurzen Spaziergang machen."

Natürlich hat nicht jeder diese Flexibilität. Millionen von Angestellten, die Regale in Lebensmittelläden auffüllen, Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen betreuen oder Pakete an die Haustür liefern, haben kaum Alternativen zum persönlichen Erscheinen.

(Bloomberg/cash)