Die Aktienmärkte bewegten sich in einem schwierigen Umfeld, sagt Gerard Piasko, Chef-Anleger der Privatbank Maerki Baumann. "Teurere oder zu wenig verfügbare Lieferkomponenten wie auch steigende Lohn-, Rohstoff- und Transportkosten bedrohen historisch hohe Gewinnmargen."

Nach einem durchwachsenen Mai könnte der Markt aber vor einer zumindest kurzzeitigen Erholung stehen, prognostiziert Anlagestratege Sebastien Galy von der Vermögensverwaltung der Nordea Bank. "Das Sentiment und die Positionierung der Anleger deuten darauf hin, dass das Schlimmste langsam hinter uns liegen könnte", betonte Galy.

Der SMI ging am  Freitag um 1,4 Prozent auf 11'647 Punkten höher aus dem Handel. Die Anleger griffen zu, nachdem andere wichtige Börsen am Vortag, als der Markt in Zürich feiertagsbedingt geschlossen war, zugelegt hatten. Die von der US-Notenbank am Mittwochabend veröffentlichten Protokolle zu den jüngsten Zinsberatungen schürten die Hoffnung auf eine Pause bei den Zinserhöhungen nach Juli.

China-Lockdowns und Ukraine-Krieg

"Wie es weitergeht hängt vor allem von China und Russland ab", sagt Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank. "Eine Wiedereröffnung von Chinas Wirtschaft oder ein Ende von Putins Krieg würden zu weniger Konjunktur- und über nachlassende Lieferengpässe oder Energie-/Nahrungsmittelpreise wohl auch zu weniger Inflationssorgen führen."

Die Lockdowns in China, der Ukraine-Krieg und die US-Zinswende bärgen offensichtliche Konjunkturrisiken, die von den Gewinnerwartungen der Unternehmen bisher weitgehend ausgeblendet würden. "Die neuen Ziele sind keineswegs als Pessimismus zu verstehen. Sie zollen den Konjunkturrisiken den nötigen Respekt", betonte Streibel.

Zahlreiche Konjunkturdaten voraus

Mit dem Monatswechsel wartet am Freitag das übliche Konjunkturdaten-Highlight auf die Börsianer: Der US-Arbeitsmarktbericht. Das Risiko einer kurzfristigen US-Rezession sei gering, sagt Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. "Denn die 'harten' Daten fallen weiterhin ordentlich aus." Analysten erwarten für Mai den Aufbau von 350'000 Stellen ausserhalb der Landwirtschaft, nach einem Plus von 428'000 im Vormonat. Zwei Tage zuvor geben die Zahlen der privaten US-Arbeitsagentur ADP einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten.

Auch diesseits des Atlantiks ist der Konjunkturdaten-Kalender prall gefüllt. Da sich auch in Europa die Signale für eine nahende Zinswende mehren, werden Anleger vor allem die Inflationsdaten für Deutschland (Montag) und der Euro-Zone (Dienstag) unter die Lupe nehmen. Letztere hätten ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, warnt Commerzbank-Experte Balz. "Im Gegenteil: Im Mai dürfte die Rate von 7,4 auf 8,0 Prozent gesprungen sein."

Insgesamt rechnen Börsianer aber mit vergleichsweise geringen Handelsumsätzen, da in der neuen Woche einige ausländische Börsen tageweise geschlossen bleiben. Am Montag fehlen die US-Anleger wegen des dortigen Memorial Day. Am Donnerstag und Freitag wird in London wegen des 70-jährigen Thronjubiläums von Queen Elizabeth II. nicht gehandelt. Zum Wochenabschluss bleiben ausserdem die Handelssäle der Börsen in China und Hongkong leer.

(Reuters)